Zeitzeuge erzählt
Theo Waigel spricht zum 70. Jubiläum der CSU Aubing
Zwangsarbeiter, Flüchtlinge, Wohnungsnot, materielle Sorgen, eine moralische Verunsicherung und die Ungewissheit über die Zukunft - nach dem Krieg beherrschte Chaos das Stadtviertel im Westen Münchens. Es waren schwierige Zeiten, in denen die CSU Aubing ihren Anfang nahm. Seit 1946 hat sich viel gewandelt. Aus dem dörflich geprägten Ortsteil mit seinen 10.000 Einwohnern ist eine „Boomtown“ mit 40.000 Bürgern geworden, die in den nächsten Jahren durch Verdichtung und Neubau um mindestens 25.000 steigen werde. Gestern wie heute sei „der Auftrag sich vor Ort um die Belange der Bürger zu kümmern“, nach wie vor Maxime des Ortsverbands, sagte Vorsitzender Hans-Peter Hoh. Den 70. Geburtstag feierte die CSU Aubing mit einem besonderen Ehrengast: Der ehemalige Bundesfinanzminister und CSU-Ehrenvorsitzender Dr. Theo Waigel war in das Medicare-Zentrum nach Freiham gekommen. Die Halle hatte Bezirksausschussvorsitzender Sebastian Kriesel mit seinem Team passend geschmückt. Eindrücke aus dem Ortsverband der letzten Jahre flimmerten über die Leinwand, an den Wänden hingen nostalgische Plakate. „Aufschwung wählen – Stoiber wählen“ hieß es auf einem alten Wahlplakat zur Bundestagswahl und per Videobotschaft grüßte der Münchner Bürgermeister Josef Schmid aus Frankfurt.
Viel zu tun für den „Ochsensepp“
Viel wurde an diesem Abend von Zeitzeugen gesprochen. Waigel ist ein solcher und der Aubinger Willi Fries, der für 60 Jahre Mitgliedschaft im CSU-Ortsverband eine Ehrenurkunde bekam. Aber auch Waigels geschätzter politischer Weggefährte, CSU-Urgestein Peter Schmidhuber. Immer wieder wandte sich Waigel in seiner Rede an den Ehrengast in der ersten Reihe. Das Publikum nahm Altstadtrat Anton Fürst mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. „Sie haben es geschafft, eine Heimat in der Großstadt zu schaffen“, lobte Waigel die Aubinger. Und dann erinnerte er an die schwierigen Anfangsjahre der bayerischen CSU. „Einheimische“ und „Heimatvertriebene“ hatten unterschiedliche Vorstellungen, die Bayernpartei war große Konkurrenz. Für den Gründungsvater Josef Müller, den „Ochsensepp“, gab es viel zu tun, um alle Strömungen unter einem Parteiendach zu einen.
Aufbau der Bundeswehr, Berlin, die Wiedervereinigung – Waigel erinnerte an Stationen in der Erfolgsgeschichte Deutschlands. Besonders stolz sei er auf die Einführung des Euros und dass es gelungen sei, nach der Wiedervereinigung innerhalb von 3,5 Jahren den Abzug der russischen Militärkräfte zu bewirken. „Unter Putin wäre dies nicht gelungen“, sinnierte Waigel, der spannende Anekdoten von Treffen mit Helmut Schmidt, Kohl und Genscher erzählte. Heute sei Deutschland „das stärkste, politisch stabilste und wirtschaftlich attraktivste Land und bei der Geschichte des Erfolgs ist die CSU maßgeblich beteiligt gewesen“, sagte Waigel unter Applaus, der allerdings abebbte, als er erklärte „an der Erhöhung der Lebensarbeitszeit führt kein Weg vorbei“. Nachdenklich erklärte der Politiker: „Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir wieder in einer Zeit zwischen den Zeiten leben.“ Das Erfolgsgeheimnis der CSU ist für Waigel eine echte Volkspartei zu sein, "allen Menschen und nicht einer Klasse oder Schicht verbunden zu sein". Beim anschließenden geselligen Beisammensein tauschten sich die Christsozialen an den Tischen über alte Zeiten aus. Als kleines Gastgeschenk gab es für jeden eine besondere Praline. Auf den kleinen Köstlichkeiten prangte das Konterfei Waigels.
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