"Zeit zum Üben fehlt"
Lehrer brauchen mehr zeitliche Ressourcen und Entlastung
Die Aufgaben des Lehrerberufes werden immer vielseitiger, die Zeit für die einzelnenTätigkeiten wird immer knapper. Die Katholische Erziehergemeinschaft Bayern (KEG) meint: Wenn die Schulen in Deutschland dem prognostizierten Schüler-Boom der kommenden Jahre auch nur ein wenig entgegenkommen wollen, müssen rasch strukturelle Reformen her. Eines der wichtigsten Ziele dabei: Ressourcen für multiprofessionelle Teams schaffen, um die Lehrkräfte von außerfachlichen Aufgaben zu entlasten.
Inklusion, Integration, Digitalisierung, Individuelle Förderung – das sind nur einige der vielfältigen Herausforderungen, vor denen Lehrkräfte täglich stehen. Weil besonders an Grund- und Mittelschulen bundesweit Lehrermangel herrscht, der sich in den kommenden Jahren noch zu verschärfen droht, fordert die KEG eine Umstrukturierung der Tätigkeitsfelder an Schulen, um den Lehrerberuf wieder attraktiver werden zu lassen.
"Herausforderungen sind kaum zu meistern"
"Besonders die zeitlichen Ressourcen für Lehrkräfte müssten verbessert werden", so KEG- Vorsitzende Ursula Lay. Eine Reform jage die andere und am Ende zeigen Studien, dass die Schere zwischen guten und weniger guten Schülern größer geworden ist. "Immer mehr Lerninhalte werden in die Schule gepackt. Die Konsequenz ist, dass die zeitlichen Ressourcen immer knapper werden. Besonders die Zeit zum Üben fehlt, was gerade für das Lesen, Schreiben und Rechnen notwendig ist", so Lay.
Die neue IGLU-Studie 2016 diagnostiziere, dass fast jedes fünfte Kind in Deutschland als Beinahe-Analphabet die Schule verlässt. Im internationalen Vergleich sind die deutschen Grundschüler bei der Lesekompetenz deutlich zurückgefallen. "Dies sind alarmierende Ergebnisse. Die vielen zusätzlichen Herausforderungen der heutigen Zeit können Lehrkräfte mit ihrem normalen Stundenpensum kaum meistern", sagt Lay.
Schülern zusätzliche Zeit geben
Ein Modellversuch in Österreich widmet sich in diesem Schuljahr dieser Problematik und zeigt einen Lösungsvorschlag zum Gewinnen von mehr Zeit auf: An fünf Tagen wird den Schülern in den ersten 30 Minuten des Unterrichtsvormittags Zeit zum Üben für Mathematik und Deutsch gegeben. Erst dann beginnt der stundenplanmäßige Unterricht. Landesvorsitzende Ursula Lay ist überzeugt, dass sich diese zusätzliche Zeit allein für das Üben auf die Lernergebnisse positiv auswirken wird. Die KEG-Vorsitzende würde einen solchen Modellversuch in Bayern sehr begrüßen.
Lehrkäfte entlasten
Lehrkräfte sind für einige spezielle Aufgaben gar nicht ausgebildet, kritisiert die KEG. Die Lösung sieht die KEG in sogenannten multiprofessionellen Teams an Schulen, die neben Lehrern beispielweise aus Psychologen, IT-Fachleuten und Sozialpädagogen bestehen könnten. Mit der Einstellung solcher Teams würden die Lehrkräfte entlastet und könnten sich in erster Linie wieder um die fachliche Bildung kümmern. Wenn Lehrkräfte die Arbeit machen können, für die sie ursprünglich ausgebildet wurden, steigt damit automatisch die Attraktivität des Lehrerberufes, meint die KEG. Ziel sei es, für alle Schularten wieder mehr gute und begeisterte Absolventen zu gewinnen.
Junge Lehramts-Studierende dürften weder von der Vielfältigkeit der Aufgaben des Berufes an Grund- und Mittelschulen abgeschreckt werden, noch von dem Gedanken, am Gymnasium gegebenenfalls keine Stelle zu bekommen. Vielmehr sollten sie möglichst ihrer Berufung folgen und für ihr Fach und ihre Schulart brennen können.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH