„Konkrete Anweisungen erhalten wir derzeit nicht“
Mittagsbetreuung in Corona-Nöten
Die Hygiene- und Abstandsregeln zum Infektionsschutz stellen Mittagsbetreuungen vor kaum überwindbare Probleme. Sie brauchen mehr Räume, mehr Personal und vor allem klare Vorgaben, an die sie sich halten können. Doch leider fehlt es an allen dreien. Oft wissen Einrichtungen nicht, wie sie jetzt die Kinder unter den geltenden Hygieneregeln betreuen dürfen und sollen. Einrichtungen wie der Jugendtreff in Neuaubing können ihr Angebot nur in reduziertem Umfang aufrecht erhalten. Normalerweise kommen 30 Fünft- bis Neuntklässler von der Mittelschule an der Wiesentfelser Straße zur Offenen Ganztagsschule mit Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung in den Jugendtreff. Statt der 30 Plätze ist das Kontingent derzeit auf 15 begrenzt, um den Abstandsregeln gerecht zu werden. In den letzten Tagen kamen höchstens fünf Kinder, denn die neunten Klassen schreiben gerade den Quali und die sechsten und siebten Klassen dürfen noch nicht zur Schule. „Ich sehe uns aber noch ganz weit entfernt davon, dass wir bald wieder auf 20 oder mehr rauffahren“, sagt Pädagoge Stefan Hoppe.
Regina Moninger, die seit 12 Jahren den Kindertreff Bogenhausen leitet, kennt diese Sorgen nur zu gut. Auch sie weiß nicht, wie es für den Kindertreff weitergehen soll „Wir haben bisher nur ein einziges Schreiben vom Kultusministerium erhalten“, sagt Moninger, „und das war unkonkret und wenig hilfreich.“ 91 Schüler der benachbarten Grundschule an der Stuntzstraße betreut sie mit ihren Kollegen jeden Tag, normalerweise. Vor Corona waren die Kinder auf drei Standorte verteilt. Ein Klassenzimmer im Schulgebäude, Gruppenräume im benachbarten Pfarrheim St. Johann von Capistran und die beiden Räume im Kindertreff Bogenhausen selbst.
"Abstandhalten nicht gewährleisten"
Jetzt aber, mit Corona, steht Moninger vor einem unlösbaren Problem. Wie soll sie die Kinder auf Sicherheitsabstand halten? Der Kindertreff ist klein, der Eingangsbereich gerade so anderthalb Meter breit. Steht nur ein Kind im Flur, kann niemand mehr vorbei. Selbst im Tobezimmer, es misst 30 Quadratmeter, ist das nicht besser. Darin stehen ein fest eingebautes Kletterhäuschen und, es ist ja ein Tobezimmer, ganz viele Matratzen. „Hier können wir das Abstandhalten nicht gewährleisten“, sagt die Pädagogin, „deshalb kann auch dieser Raum immer nur von einem Kind alleine genutzt werden.“
Der Gruppenraum ist nur zehn Quadratmeter größer, hier stehen kleinere Tische, Kicker, Billardtisch, zwei kleine Sofas für die Ruheecke und eine kleine, offene Küche. Wo sich normalerweise bis zu 30 Kinder um die Tische scharen, dürfen jetzt höchstens 15 hinein. Genau genommen hat das Kultusministeriums diese Maximalzahl nur für den Unterricht erlassen, für Mittagsbetreuungen gibt es dazu keine Aussage. Aber der Kindertreff übernimmt sie. Um die größte Not zu lindern, stellt die Schule bis zu den Pfingstferien ein zusätzliches Klassenzimmer bereit.
„Maskenpflicht ist nur bedingt umsetzbar“
Und Masken? Wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln, sind die ja empfohlen oder gar Pflicht. „Das ist für uns nur bedingt umsetzbar“, sagt Moninger. „Das hieße für die Kinder ja, eine Maske aufzusetzen, sobald sie nicht am Tisch sitzen“. Dass die Grundschulkinder damit sachgerecht umgehen, kann sie sich nicht vorstellen. Aber bräuchte sie das wirklich? Das weiß die Leiterin immer noch nicht. „Verbindliche und konkrete Anweisungen erhalten wir derzeit überhaupt nicht“, klagt sie. „Die meisten Informationen haben wir aus den Medien oder von der Schulleitung.“ Auf konkrete Vorgaben des Kultusministeriums wartet sie bislang vergeblich.
Das ist auch für ältere Schüler schwierig, berichtet Hoppe aus Neuabing. Bei seinen Fünftklässlern muss er permanent an das Hygiene- und Abstandsgebot erinnern. „Man kann sich sicher sein, dass die Kids draußen engen Kontakt halten“, sagt er. Da sei es für sie drinnen sehr schwierig, nachvollziehen, warum sie Masken aufziehen müssen, sobald sie nicht an ihrem festen Platz sitzen.
Die Alternative wäre, während des gesamten Aufenthalts eine Maske zu tragen, also bis zu sechs Stunden. „Das kann ich den Kindern nicht zumuten“, sagt Moninger. Ganz davon abgesehen, dass dafür ausreichend Masken fehlen. Andererseits ist es illusorisch, Kinder stundenlang an Einzeltischen sitzen zu lassen. Das müssen sie schon in der Schule, hier haben sie so viel Platz gar nicht. Und außerdem ist da ja der berechtigte Bewegungsdrang der Kinder nach dem Unterricht.
Für die Pädagogen selbst bedeutet ihre Arbeit auch ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. „Weil die Kids sich schwertun, sich an die Regeln zu halten“, sagt Hoppe. Das funktioniert schon immer mal wieder. „Aber neulich standen sie bei uns zu dritt vorm Eingang und wollten zu zweit aufs Fahrrad.“
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