„Das Wort Verkehrschaos wird eine neue Dimension erhalten“
Karlsfelds Verkehrsreferent Bernd Wanka im Interview
Die geplante Sanierung des Allacher Tunnels an der A99 stößt in Karlsfeld auf große Kritik – vor allem die Vorgehensweise der Autobahndirektion Südbayern, die die Gemeinde nicht darüber informiert hat, dass das Planfeststellungsverfahren für die Baumaßnahe läuft. Bernd Wanka, Fraktionsvorsitzender der CSU im Gemeinderat und Verkehrsreferent, spricht im Interview über die Auswirkungen der Tunnelsanierung für Karlsfeld und übt scharfe Kritik.
"Wir wurden nicht informiert"
Herr Wanka, wann haben Sie erfahren, dass für die Sanierung des Allacher Tunnels ein Planfeststellungsverfahren läuft?
Bernd Wanka: Ich habe vor zwei Wochen davon erfahren. Leider wurde die Gemeinde Karlsfeld, obwohl unmittelbar von der Sanierung verkehrlich hoch betroffen, nicht einbezogen oder informiert. Diese Information habe ich dann umgehend an unser Rathaus weitergeleitet.
"Keine echte Umfahrungsalternative"
Welche Auswirkungen befürchten Sie während der Bauzeit für die Gemeinde?
Bernd Wanka: Aus den Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens, welche unter www.tunnel-allach.de veröffentlicht wurden, geht sogar aus der eigenen Aussage der Autobahndirektion hervor, dass während der Sanierungsarbeiten und den damit verbundenen Teil- und Vollsperrungen voraussichtlich über fünf Jahre mit erheblichen Fahrzeitverlängerungen und Stauungen im Münchner Norden und den angrenzenden Landkreisen zu rechnen ist. Die Autobahndirektion beziffert die Mehrbelastung nur für Allach auf 3.000 Fahrzeuge täglich. Eine echte Umfahrungsalternative für die zirka 50 Prozent Einschränkung der Tunnelkapazität während der Sanierung besteht nur über den Mittleren Ring und die B471, welche beide bereits ohne die Baustelle stark belastet sind und im Berufsverkehr unter Stau stehen.
"Massive Verkehrsbehinderungen"
Bernd Wanka: Ich rechne deshalb während der Bauzeit mit massiven Verkehrsbehinderungen, Dauerstaus auf der B471, B304 und der Bayernwerk-/ Eversbuschstraße und erhöhten Lärmemissionswerten sowie einer Erhöhung der gerade noch am Grenzwert befindlichen Stickoxiden und Feinstäuben in Karlsfeld. Die Münchner Straße wird deutlich mehr als die jetzt schon vorhandenen 45.000 Fahrzeuge erhalten.
"Es ist skandalös"
Was kritisieren Sie am Vorgehen der Autobahn GmbH, die für die Sanierung des Tunnels zuständig ist?
Bernd Wanka: Wir reden hier nicht um eine Belastung für einige Monate, sondern fünf Jahre und ich bin entsetzt, mit welcher Gleichgültigkeit die Autobahndirektion und die für das Planfeststellungsverfahren zuständige Regierung von Oberbayern hier in Bezug auf Karlsfeld zu Werke geht. Es ist sogar skandalös wie hier mit den Bürgerinnen und Bürgern rund um den Tunnel umgegangen wird. Allach und Karlsfeld sind schlichtweg „nicht betroffen“ – eine Unverschämtheit ersten Ranges. Die massive verkehrliche Mehrbelastung wird schulterzuckend als unumgänglich betitelt, und es sind nach jetzigem Stand keine Verkehrskonzepte oder Schutzmaßnahmen für betroffene Anwohner rund um den Tunnel vorgesehen.
"Qualifiziertes Verkehrskonzept"
Welche Forderungen stellen Sie?
Bernd Wanka: Ich fordere klar, dass die Ausweichdurchfahrt von Lkw über die B304 durch Karlsfeld verhindert werden muss. Es muss ein qualifiziertes Verkehrskonzept regional und überörtlich zur Lenkung der Verkehrsströme – Pendler, Lkw-Verkehr und Durchgangsverkehr – geben. Es muss sichergestellt werden, dass in den Umfahrungsbereichen der Schutz der Bevölkerung in Bezug auf Lärm und Schadstoffe eingehalten wird. Es muss klar definierte Umfahrungsrouten und klar definierte Bereiche geben, in denen eine Durchfahrt gesperrt sein wird. Wir verwenden uns klar dagegen, dass die Ziele und die Leichtigkeit des Durchgangsverkehrs der Autobahn über alles gestellt wird. Auf unseren ersten Protest hin erhalten wir diese Woche durch die Autobahndirektion erstmals eine umfassende Darstellung der Maßnahme und der Auswirkungen auf Karlsfeld. Auch haben wir uns bereits die Unterstützung eines Fachanwaltes gesichert, um unsere Interessen im Planfeststellungsverfahren, welches noch bis 15. März 2021 läuft, zu wahren.
"Wir sind nicht gewillt diese Aussicht protestfrei hinzunehmen"
Sind die wirklichen verkehrlichen Auswirkungen, die durch die Tunnelsanierung entstehen werden, überhaupt schon abzusehen?
Bernd Wanka: Ich glaube, die meisten Karlsfelder und Allacher Bürger haben noch keine Ahnung davon, was hier auf sie zukommen wird. Zu Spitzenzeiten in der Urlaubszeit, im Berufsverkehr und bei Totalsperrungen wird das Wort Verkehrschaos eine neue Dimension erhalten. Jedes kleine zusätzliche Ereignis (Unfall, Panne) im Baustellenbereich hat einen Totalstillstand zur Folge. Wir sind nicht gewillt, diese Aussicht protestfrei hinzunehmen. Ohne unseren gemeinsamen persönlichen Einsatz und Organisation von Protesten und Widerständen können wir erreichen, dass die Sanierung wenigstens halbwegs belastungsreduziert für die Anwohner organisiert wird. Eine Bürgerinitiative GKAK aus Allach-Nord und Karlsfeld-West hat sich gebildet und wir werden unsere Interessen verfolgen, so kann man mit Bürgern seitens der Autobahndirektion und der Regierung von Oberbayern nicht umgehen.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH