Von wegen „nur lesen“
Germeringer Bücherei ist Treffpunkt und Bildungszentrum
Vroni Stöckl kann sich noch gut an das Gutenacht-Ritual ihrer Kindheit erinnern. Alle vier Kinder saßen auf einem Bett und Mama oder Papa lasen vor. Oder an die Freitagnachmittage als die Mutter nach dem Einkaufen mit den Kindern in die Bücherei ging. „Jetzt bekomme ich etwas Schönes“, freute sich die Kleine dann. Mittlerweile ist Vroni Stöckl 23 Jahre alt. Ihre Liebe zu den Büchern hat sie sich bewahrt und eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste/ Fachrichtung Bibliothek absolviert. In der Stadtbibliothek Germering kümmert sie sich um die Kinder- und Jugendabteilung. „Hier entdecke ich so viele Bücher, die ich bereits als Kind gelesen habe“, freut sie sich. Angefangen von den Ali-Mitgutsch-Wimmelbildern bis zu den Gruselromanen für Teenager.
Spannend und vielseitig sei der Beruf, berichtet die Bibliothekarin. „Von wegen den ganzen Tag Bücher sortieren und lesen.“ Zu ihren Aufgaben gehört neben der Arbeit am PC auch der Einkauf, sie organisiert Kinderveranstaltungen und geht zu Leseprojekten in Schulklassen. Heute genüge es längst nicht mehr lediglich in einer Bücherei zu sitzen und auf Leser zu warten. „Man muss die Leute dort abholen, wo sie sind“, stimmt Bibliotheksleiterin Christine Förster-Grüber zu. Die Germeringer Bücherei wird deswegen ihre digitalen Angebote erweitern. Seit ein paar Tagen ist die neue Homepage online und unter der Internetadresse www.stadtbibliothek-germering.de erreichbar. „Wir wollen als Bücherei auch in Facebook und Twitter präsent sein“, so Förster-Grüber.
Lesenacht und kostenloses WLAN
Die Germeringer Bücherei ist mehr als ein Bücherhort. Die Architektur des 1700 Quadratmeter großen Gebäudes ist extra für Bibliothekszwecke konzipiert worden. Verschiedene Ebenen lassen sich trotz Bücherregalen multifunktional verwenden. „Das Haus muss bespielt werden“, sagt Förster-Grüber. Es gibt ein Lesecafé, einen Arbeitsplatz mit PC und Drucker, einen Farbkopierer.
Die Bücherei beherbergt verschiedene Gruppen. Ausstellungen, Veranstaltungen, Literaturkreise, aber auch Coaches mit ihren Schülern nutzen die barrierefreien Räume. Die Bibliothek bietet regelmäßig eigene Veranstaltungen an. Für Kinder gibt es das „Bilderbuchkino“, Vorlese- und Bastelaktionen. Die Bücherei macht beim Ferienprogramm mit und organisiert eine Lesenacht, bei der die Kinder übernachten dürfen. „Die Bücherei ist Treffpunkt, Bildungs- und Kultureinrichtung und ein Haus für Medien“, stellt die Leiterin fest. Seit Dezember kann in der Bibliothek kostenloses WLAN genutzt werden. Seitdem kommen viele junge Leute, aber auch Asylbewerber. Der eine oder andere bleibt dabei vielleicht als Leser hängen, hoffen die Mitarbeiter. Missionieren wollen sie aber nicht. „Es ist völlig okay, wenn Besucher nur wegen des WLANs kommen“, so Förster-Grüber. 10.000 Leser sind derzeit angemeldet. 6000 davon sind „aktiv“. Die Jahresgebühr beträgt 15 Euro, bis 16 Jahre ist die Ausleihe kostenlos.
Vroni Stöckl kann sich ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen. Ihre Begeisterung möchte sie an andere weitergeben. „Wichtig ist es, Kindern möglichst früh Bücher in die Hand zu geben“, sagt sie. Ihrem zweijährigen Neffen bringt sie regelmäßig Bilderbücher, die sie gemeinsam mit dem Kleinen anschaut. „Er soll mit Büchern etwas Positives verbinden.“
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