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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
„Abriss ist unumgänglich“
Lokalpolitiker drängen auf Sanierung
Inge Kindermann, Inhaberin der „Büchergalerie Westend“, übergibt eine Unterschriftenliste an Uwe Heller vom Erzbischöflichen Ordinariat. Dieser stellte sich im Rahmen der Sitzung des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8) den Fragen zum geplanten Abriss des Hauses in der Ligsalzstraße 25. (Foto: kö)
Fast 900 Unterschriften hat Inge Kindermann, die Inhaberin der „Büchergalerie Westend“, gesammelt, die dafür stehen, dass der Buchladen zumindest noch bis Ende des Jahres in der Ligsalzstraße 25 bleiben darf. „Sie zeigen, wie wichtig der Laden fürs Westend ist“, bekräftigte Kindermann, die seit fast 35 Jahren den inzwischen einzigen noch unabhängigen Buchladen im Viertel betreibt. Die Unterschriftenliste übergab sie im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8) den Vertretern des Erzbischöflichen Ordinariats. Anlass dazu bot ihr die Ladenkündigung, die von der Erzdiözese München-Freising zum 30. Juni ausgesprochen wurde, in deren Eigentum sich das Gebäude befindet. Das über 100-jährige Mietshaus befinde sich in einem „katastrophalen Zustand“, erklärte Uwe Heller, Leiter der Abteilung Immobilienportfolio in der Erzbischöflichen Finanzkammer. Abriss und Neubau seien unumgänglich.
Neubau nach „München Modell“
1889/90 wurde das Haus in der Ligsalzstraße 25 errichtet. Vor etwa fünf Jahren hat die Erzdiözese München-Freising die Immobilie vom Caritasverband übernommen, „der das sanierungsbedürftige Gebäude geerbt hatte und selbst nicht betreiben konnte“, so die Erzdiözese auf Anfrage. „Mit dem Kauf durch die Erzdiözese sollte die soziale Ausrichtung der Mietverhältnisse dauerhaft gesichert werden.“ Und diese soziale Ausrichtung wolle man auch künftig sichern. Vorgesehen ist ein Neubau nach dem „München Modell“, also ein sozial geförderter Wohnungsbau. Das Haus aber müsse abgebrochen werden und könne nicht, wie von vielen im Viertel gefordert, saniert werden. Gravierende Mängel unter anderem an Elektro- und Gasleitungen, Brandschutz und Statik machten dies notwendig. Zwar hatte man zunächst angedacht, den Bestand zu sanieren, ein erstes Gutachten ließ darauf hoffen. Doch nachdem Fachplaner hinzugezogen wurden, sei klar geworden, dass an Kernsanierung oder Abriss kein Weg vorbei führe, sagte Uwe Heller. Ein zweites Gutachten bestätigte dies. „Diese Wende war auch für uns ein Schock“, so Heller weiter.
„Im Häuserkampf erprobt“
Im BA Schwanthalerhöhe aber drängt man auf Erhalt und Sanierung und zweifelt an der Notwendigkeit eines Hausabbruchs. „Wir sind im Westend im Häuserkampf erprobt", betonte Sibylle Stöhr (Grüne), Vorsitzende des Gremiums. „Im Westend gibt es viele so alte Häuser, die nicht abgerissen werden mussten." SPD-Fraktionssprecher Willy Mundigl, der im BA 8 dem Ausschuss für Bausachen vorsteht, hat sich das Haus angesehen und befindet: „Das Treppenhaus ist stabil, im Keller gibt es keinen Schimmel und im Dachstuhl keine Fäulnis.“ Er fordert, dass die Zweit-Türen zu den Wohnungen ausgebaut werden, da sie den Fluchtweg bei Brand versperrten. Die Türen seien jedoch gerade aus Gründen des Brandschutzes eingebaut worden, sagte darauf Christoph Busch von der Erzdiözese, was von der zuständigen Behörde auch so abgenommen worden sei. Dessen ungeachtet trägt das Gremium Willy Mundigls Antrag zum Ausbau der Türen einstimmig mit, ebenso wie seine Forderung, dass das Amt für Wohnen und Migration das Haus in Sachen „Zweckentfremdung von Wohnraum“ prüfen möge. Denn während den Mietern noch nicht gekündigt wurde, stehen einige Wohnungen im Haus bereits leer.
Dominik Lehman (Linke) prangerte indes das Vorhaben der Erzdiözese an, betagte Mieter aus ihren Wohnungen zu kündigen und sie damit zum Wegzug aus ihrem angestammten Viertel zu nötigen. Ebenso, dass den Mietern nicht dauerhaft der alte Mietpreis zugesichert werde.
Rückzugsrecht gewährt
Von ursprünglich elf Wohneinheiten sind nunmehr fünf Mieter verblieben, für welche die Kirche Ersatzwohnungen sucht. In anderen zwei Fällen sei dies bereits gelungen. „Die Kirche hat kaum Objekte im Viertel, deshalb ist ein Makler eingeschaltet“, sagte Heller. Fünf Jahre lang solle für die Alt-Mieter auch in der neuen Wohnung der bisherige Mietpreis gelten, zudem ist ein Rückzugsrecht gewährt, sobald der Neubau in der Ligsalzstraße fertig ist. Mit Inge Kindermann suche man gleichfalls eine „einvernehmliche Lösung“ und hat ein Treffen vereinbart. „Ich bin sicher, dass wir eine Lösung auch über den 30. Juni hinaus finden“, so Heller. Inge Kindermann hofft nun darauf, so lange bleiben zu können, bis sie einen Ersatz für ihren Laden in der Nähe gefunden hat. „Ich muss im Westend bleiben“, betont die 64-Jährige, die im Viertel beheimatet und verwurzelt ist.
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