"Wir wollen nicht länger bloß träumen – wir wollen machen"
Viertes Hidalgo-Festival im ehemaligen Betonwerk
Der Hidalgo-Festival ruft in seiner vierten Auflage auf zur "Revolution". Es findet von Freitag bis Dienstag, 10.-14. September, hauptsächlich im Sugar Mountain (ehemaliges Betonwerk Helfenriederstr. 12) statt. Die Veranstalter wollen raus aus der Lethargie, die sowohl die Klassik-Szene als auch die Gesellschaft insgesamt lähmt: "Wir brauchen Luft zum Atmen! Wir wollen nicht nur interpretieren, ästhetische Bühnenmomente schaffen und um uns selbst kreisen. Wir wollen nicht länger bloß träumen – wir wollen machen", sagen sie. Mit dem Lied, der Musik und allen Künstensoll gegen sexualisierte Gewalt, Rassismus und das Nichtstun angesichts des Klimawandels gekämpft werden.
Hidalgo verbindet paradoxe Welten zu rauschhaften Erlebnissen klassischer Musik. Dafür kämpft das interdisziplinäre Team seit 2016 mit Leidenschaft und höchstem Anspruch. Klassische Musik versteht Hidalgo nicht als Relikt, sondern als aktuelle Ausdrucksform. Hidalgo entwirft Video-Installationen, beauftragt Sound-Designer und konfrontiert romantische Dichtung mit moderner Lyrik.
Fragen stellen und aufbegehren
Klassische Musik war immer auch Abbild der Umwelt, in der sie entstand. Sie spiegelte religiöse Jenseits-Fantasien, vergnügte den genusssüchtigen Adel, diente Diktatoren als Propaganda-Instrument, bot Unterdrückten Zu- und Weltflucht oder tönte dem Widerstand voraus. Die Zeiten prägten die Musik – und die Musik prägte die Zeiten. In einer Zeit, die vielen wieder einmal als eine Zeit der radikalen Veränderung erscheint, stellt Hidalgo die die Frage, wie viel "Umsturz" nötig ist. "Wir stellen nicht nur die Komposition, Aufführungspraxis und Rezeption infrage, sondern genauso unsere Gesellschaft", so das Hidalgo-Team, "wir schauen auf Konflikte und Schuld, Angst und Mut, Gewalt und Gerechtigkeit. Wir begehren auf – mit den Mitteln der Kunst, ausgehend von Kunstlied und klassischer Musik."
Drei Produktionen im Sugar Mountain
Das Festivalzentrum ist Veranstatungsort für drei Produktionen:
Orchestra for Future – Ein Abgesang auf unsere Umwelt
Das Festivalorchester spielt gegen den Klimawandel an: Unter Dirigentin Johanna Malangré führen die jungen Instrumentalisten aus Bayerischem Staatsorchester, BR-Symphonieorchester und Münchner Philharmonikern die 14. Sinfonie von Schostakowitsch auf. In ihr mahnt der Tod vor der Kompromisslosigkeit der Natur. Dazu nehmen in einer Diskussion über Nachhaltigkeit Aktivisten, Katastrophen-Betroffene und Wissenschaftler Stellung.
Termine: 10.9., 20 Uhr und 12.9., vsl. 10 Uhr
Preise: zwischen 12 und 40 Euro.
Rape & Culture – Aufstand gegen Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt
Eine Sängerin wird vergewaltigt. Der Täter ist ihr Mentor, dem sie blind vertraut hat, von ihm hängt ihre Karriere ab. Vier Tänzer spiegeln die inneren Konflikte der Sängerin wider, Interviews mit Betroffenen aus der Klassikszene brechen die Fiktion auf. Ein szenischer Liederabend für Frauenstimme, Sprecher, Klavier und vierköpfiges Tanzensemble über Macht und Abhängigkeit mit Liedern u.a. von Brahms, Mahler, Schubert, Schumann, Strauss mit Soundscapes und Ausschnitten aus Betroffenen-Interviews.
Termine: 11.9., 19.30 Uhr (18 Uhr Diskussion) / 12.9., 20 Uhr / 14.9., 20 Uhr
Preise: zwischen 12 und 40 Euro.
Art Song Battle – Wettsingen im alten Betonwerk
Die Nachwuchslied-Duos der Street Art Revolution präsentieren sich und ihr Programm im „Sugar Mountain“. Das Publikum bewegt sich dabei durch das alte Betonwerk und durch ein Kaleidoskop der Liedkunst über die Jahrhunderte. An verschiedenen Stationen zwischen Förderturm und Getränke-Bar stehen Klaviere, an denen sich Pianisten und Sänger einen künstlerischen Wettstreit liefern.
Termin: 11.9., 22 Uhr
Preise: zwischen 12 und 40 Euro.
Zwei Jahre Übergang nutzen
In den Tagen vor und während des Festivals bezieht Hidalgo im „Sugar Mountain“ sein Festivalzentrum. Das ehemalige Betonwerk in Obersendling (Machtlfinger Straße) ist eine Location, in der Konzerte, Sportveranstaltungen und weitere Happenings stattfinden sollen. Gäste können einen Biergarten, einen Skate-Park und einen Basketballplatz nutzen. Das temporäre Kunst- und Kulturprojekt in Obersendling wurde im Juni eröffnet und soll rund zwei Jahre bestehen bleiben.
Schwerpunkt Nachhaltigkeit
Ein zentraler Schwerpunkt von Hidalgo ist 2021 die ökologische Nachhaltigkeit. Als Festival-Highlight spielt das Festivalorchester am Freitag (10.9.) und Sonntag (12.9.) gegen den Klimawandel an. Bereits seit Beginn des Jahres erarbeitet das Trägerunternehmen ein innerbetriebliches Nachhaltigkeitskonzept. Durch Maßnahmen unter anderem in den Bereichen Müll, Energie, Logistik, Marketing und Catering will Hidalgo eines der ersten ökologisch nachhaltigen Klassik-Festivals Europas werden.
"Schätze unter das Volk bringen"
"Klassische Musik findet noch immer vorwiegend in den bürgerlichen Palästen statt", findet das Hidalgo-Team, "wir plündern die Kammern und bringen die Schätze unter das Volk." Bei der "Street Art Revolution" geben am Samstag, 11. September, 20 studentische Liedduos in allen 25 Stadtbezirken rund 100 Mini-Konzerte (Eintritt frei). Diese Konzerte finden u.a. hier statt:
Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt
17.30-19.30 Uhr Theresienwiese (Denkmal für die Wiesn-Attentat-Opfer)
Sendling
15-17 Uhr Harras
Sendling-Westpark
15-17 Uhr Luise-Kiesselbach-Platz (Haus St. Josef)
Schwanthalerhöhe
17.30-18.30 Uhr Gollierplatz
Neuhausen-Nymphenburg
15-17 Uhr Tram-Häuschen.
Thalkirchen
19-21 Uhr Bücherschrank Thalkirchner Platz
Hadern
12.30-14.30 Uhr U-Bahn Großhadern (etwa Sauerbruchstr. 8-10)
Pasing
9.30-11.30 Uhr Pasinger Rathausplatz
Westkreuz
9.30-11.30 Uhr S-Bahn-Station (Südeingang)
Allach
9.30-11.30 Uhr Oertelplatz
Laim
12.30-14.30 Uhr Laimer Anger.
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