Der Weg in ein eigenständiges Leben
Vor einem Jahr wurde das Junge Quartier Obersendling bezogen
BEO ist ein Wohnprojekt des Kinderschutzes München und steht für Begleitung, Entwicklung und Orientierung junger Menschen für eine gelingende Eigenständigkeit. Während des ersten Lockdowns der Corona-Pandemie hat der Kinderschutz München das Projekt für männliche unbegleitete heranwachsende Flüchtlinge im Jungen Quartier Obersendling (JQO) aufgebaut und am 8. Juni vergangenen Jahres eröffnet.
Besondere Aufgabe
Der Aufbau der Einrichtung, in der sich aktuell 35 pädagogische Fach- und Hilfskräfte in Voll- und vor allem Teilzeit um die Belange der jungen Bewohner kümmern, kristallisierte sich wegen der Corona-Pandemie zu einer besonderen Aufgabe heraus. Von verzögerten Lieferzeiten für dringend benötigte Einrichtungsgegenstände, über den unvorhergesehenen Bedarf an Desinfektionsmitteln und Mund-Nasen-Bedeckungen bis zur Erstellung eines Hygienekonzepts – das Team wurde immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Lange Zeit konnten weder Hausversammlungen noch gemeinschaftliche Gruppen- und Freizeitaktivitäten stattfinden, die in Nicht-Corona-Zeiten das Zusammenleben der sich ständig erweiternden Wohngruppen fördern. Zudem waren die Anforderungen rund um die fehlende Präsenzbeschulung immens im Hinblick auf veränderte Tagesstrukturen und zusätzlichen Unterstützungsbedarf.
Heute leben bereits 100 junge Bewohner unter anderem aus Afghanistan, Somalia, Eritrea, Pakistan und Sierra Leone im BEO. Wöchentlich ziehen weitere junge Heranwachsende ein. Sie gehen entweder zur Schule, stehen unmittelbar vor ihrem Schulabschluss oder befinden sich in einer Ausbildung unter anderem zum Gärtner, Koch und Krankenpflegehelfer. Drei von ihnen machen aktuell ihr Abitur an der Abendschule und wollen studieren.
Wohnungslosigkeit verhindern
Bezahlbarer Wohnraum stellt in der Landeshauptstadt München insbesondere für Geflüchtete eine Herausforderung dar. Das BEO bietet im JQO dringend benötigten Wohnraum für bis zu 156 junge Geflüchtete zwischen 18 und 27 Jahren, um Wohnungslosigkeit junger Menschen in Ausbildung zu verhindern und Inklusion zu fördern. Die Belegung erfolgt in Abstimmung mit dem Amt für Wohnen und Migration der Landeshauptstadt München. Der Kinderschutz München verantwortet die Einrichtungsleitung und die sozialpädagogische Begleitung. Das Zuschussprojekt wird durch die Landeshauptstadt gefördert.
Hilfe von Ehrenamtlichen
Für die jungen Geflüchteten in der Phase des Übergangs ins Erwachsenenleben sind ein geschützter Wohnraum sowie haltgebende Orientierung eine wichtige Voraussetzung für den Weg in ein selbstständiges Leben. Die pädagogischen Fachkräfte unterstützen die jungen Geflüchteten gezielt bei der beruflichen und gesellschaftlichen Integration. Gemeinsam werden schulische und berufliche Perspektiven entwickelt und umgesetzt. Sie motivieren die jungen Menschen zur aktiven Partizipation in Schule und Ausbildung, damit Schul- und Ausbildungsabschlüsse gut erreicht und somit am Ende auch einer Übernahme in ein festes Berufsverhältnis nichts im Wege steht. Das Fachkräfteteam ist wochentags vor allem nachmittags und in den frühen Abendstunden vor Ort. Am Abend sowie an Wochenenden und Feiertagen sind pädagogische Hilfskräfte präsent, um die jungen Bewohner in alltagspraktischen Angelegenheiten zu unterstützen. Für die jungen Menschen sind vor allem Themen wie Sprachverbesserung, Bewerbungen, Ausbildung, aber auch Fragen rund um Aufenthalt, Verträge oder Behördengänge relevant. Aufgrund der Corona-Pandemie geht es bei einigen auch um einen Wechsel oder den Verlust der Ausbildungsstelle. Die jungen Geflüchteten gestalten das Wohnprojekt selbst mit, indem sie ihre individuellen Bedürfnisse und Ressourcen einbringen und damit lebendige Begegnung fördern, soweit das aufgrund der Pandemie möglich ist. Unterstützung erhalten sie dabei auch durch ehrenamtliche Unterstützer aus der Nachbarschaft, wenn es um Nachhilfe und Lernangebote geht. In der Freizeit gibt es coronakonforme Angebote wie Tischtennis, Kochen zu zweit, Volleyball draußen oder eine Einführung ins Boxen.
Zukunft ermöglichen
Der Kinderschutz München ist ein überkonfessioneller und parteipolitisch ungebundener Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Träger von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung sowie Vormundschafts- und Betreuungsverein mit Sitz in München. Mit vielfältigen Angeboten trägt der im Jahr 1901 gegründete gemeinnützige Verein dazu bei, dass Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Familien ihr Leben selbstbestimmt in die Hand nehmen und sich aktiv an der Gesellschaft beteiligen. Die Angebote der über 50 Einrichtungen in und um München umfassen ambulante Erziehungshilfe, Beratung bei sexuellem Missbrauch, Migrationsangebote, soziale Arbeit an Schulen, Stadtteilangebote, stationäre Erziehungsangebote, betreute Wohnformen, Kindertageseinrichtungen sowie Vormundschaften und rechtliche Betreuungen. Weitere Informationen unter www.kinderschutz.de im Internet.
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