Zerschlagung droht
Pädagogenstruktur am Tagesheim in der Helmholtzschule in Gefahr
Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg (BA 9) möchte verhindern, dass die Pädagogenstruktur am Tagesheim in der Helmholtzschule zerschlagen wird. Von der Problematik habe man durch den Elternbeirat der Grundschule erfahren, erklären die Lokalpolitiker in einem Schreiben an Stadtschulrätin Beatrix Zurek, dass das Lokalparlament einstimmig so beschlossen hat. „Grund hierfür ist die geplante Rückstufung der dort arbeitenden Pädagogen von Gehaltsstufe 8b auf 8a zum Jahreswechsel 2018/2019. Dies würde für die fünf betroffenen Mitarbeiter ein Minus von bis zu 400 Euro brutto im Monat ausmachen.“
Grund für diese Rückstufung ist nach Angaben des BA 9 die Tatsache, dass der sogenannte Migrationsanteil der Kinder im Tagesheim auf unter 50 Prozent im zweiten Jahr hintereinander gesunken ist. Dieser liege nun bei 45 Kindern bei einer Gesamtzahl von 100 Kindern in vier Gruppen. Somit entfalle auch der Grund für die Eingruppierung in die Gehaltsstufe 8b, die mit der besonderen Schwere der Aufgabe begründet werde. „Als Alternative wird den betroffenen Pädagogen lapidar vorgeschlagen, sich auf eine andere Stelle in einer städtischen Einrichtung zu bewerben, wo der Migrationsanteil der Kinder die Eingruppierung nach 8b zulässt.“
„Kinder verlieren Bezugspersonen“
Sehenden Auges nehme die Stadt München damit in Kauf, dass ein eingespieltes Team, das im Tagesheim an der Helmholtzschule hervorragende Arbeit leiste, sich in alle Winde zerstreue und dass 100 Kinder ihre langjährigen Bezugspersonen verlieren. Und das an einer Schule, die im letzten Jahr den zweiten Platz beim Münchner Schulpreis errungen habe – und zwar für das „Gesamtkonzept der Lern- und Unterrichtskultur“, wozu auch „verschiedene Betreuungsangebote, von der Mittagsbetreuung über das Tagesheim bis zum Ganztagszug" gehören, heißt es in dem Schreiben des Lokalparlaments weiter. Darüber hinaus habe die Stadt München auch keinesfalls die Garantie, dass die betroffenen Pädagogen tatsächlich bei der Stadt bleiben. „Wenn auswärts ein attraktiveres Angebot vorliegt, könnten diese auch dorthin wechseln und München hätte fünf Fachkräfte komplett verloren“, meinen die Lokalpolitiker.
„Noch absurder wird die vorgesehene Rückstufung durch die zugrundliegende Berechnung des Migrationsanteils der Kinder im Tagesheim. Während an der – staatlichen – Schule hierfür ein nichtdeutscher Elternteil ausreicht, müssen im – städtischen – Tagesheim beide Elternteile nichtdeutsch sein. Somit haben die gleichen Kinder an der Schule einen Migrationshintergrund und am Tagesheim nicht“, erklären die Mitglieder des BA 9 weiter. Konkret liege der Migrationsanteil an der Schule bei 207 Schülern bei 69 Prozent. „Wenn man das staatliche Kriterium von einem Elternteil für das Tagesheim zugrunde legt, läge der Migrationsanteil dort bei 67 Prozent.“
„Massive Gehaltskürzung“
Doch damit hören die Absurditäten nach Ansicht des BA 9 noch nicht auf. Es erschließt sich dem Gremium nicht, warum der Migrationsanteil bei der Zugrundelegung der Gehaltsstufe einen so hohen Stellenwert habe, dass bei seiner knappen Unterschreitung eine massive Gehaltskürzung der Pädagogen vorgenommen werde. Das Gremium möchte deshalb folgendes wissen: „Was bedeutet es der Stadt München, wenn Kinder durch Krankheit einen erhöhten Betreuungsbedarf haben, oder wenn Kinder eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) haben, um nur diese zwei Punkte herauszugreifen? Dies sind doch auch Kriterien, die für den Betreuungsbedarf und die Gehalts-Einstufung Berücksichtigung finden müssen.“ Solche Fälle könnten sowohl bei deutschen als auch nichtdeutschen Kindern zum Tragen kommen.
„Die betroffenen Pädagogen haben bisher auf eine Kündigung verzichtet, weil sie das bestehende Team nicht zerschlagen wollen“, heißt es in dem Schreiben von Wolfgang Schwirz, dem Vorsitzenden des Unterausschusses Bildung und Sport, und BA-Chefin Anna Hanusch weiter. „Doch wenn zum Jahreswechsel die Herabstufung tatsächlich Wirklichkeit wird, sind sie hierzu praktisch gezwungen. Denn ein Minus von bis zu 400 Euro im Monat ist in einer teuren Stadt wie München nicht tragbar. Zurück bleibt ein Tagesheim ohne pädagogisches Personal!“
„Permanente Gefahr“
Wenn München seinen immer wieder betonten händeringenden Bedarf an Pädagogen decken wolle, dürfe es keine Regelung geben, die diese einer permanenten Gefahr einer Gehaltskürzung aussetze, nur wenn ein Kriterium nicht mehr passe. „Vielmehr sollte es im Interesse der Stadt sein, ihre Pädagogen auch im Gehalt so zu stellen, dass diese sich die teure Stadt München leisten können. Eine Maßnahme wie oben beschrieben konterkariert dies komplett.“
Mittlerweile habe Oberbürgermeister Reiter die Situation dahingehend entschärft, dass er das Referat für Bildung und Sport angewiesen hat, die Übergangsphase um ein Jahr zu verlängern, so dass die Gehaltskürzung nicht schon zum Jahreswechsel 2018/19 eintrete. „Es bleibt zu hoffen, dass dadurch die Kündigung der Pädagogen am Helmholtz-Tagesheim noch verhindert wird. Längerfristig – aber keinesfalls zu lange – muss eine Regelung gefunden werden, die eine so massive Gehaltskürzung aufgrund kaum nachvollziehbarer Kriterien verhindert. Gefordert sind hier auch der Stadtrat und die dort vertretenen Parteien.“
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