Eine runde Sache
In der Radlwerkstatt wird gemeinsam geschraubt
Gottfried Klocke und Richard Korber engagieren sich als Ehrenamtliche in der Radlwerkstatt für Kinder und Jugendliche im Hasenbergl. In dem Projekt des Caritas Freiwilligen-Zentrum München Nord unterstützen Freiwillige immer donnerstags von 16 bis 18 Uhr junge Menschen im Bewohnerzentrum im Schneeheideanger 6 bei der Reparatur ihrer defekten Fahrräder.
Hier wird gemeinsam geschraubt
Gottfried und Richard zeigen den Kindern und Jugendlichen, wie sie einen platten Reifen flicken können, wie sie Bremsbeläge wechseln und Bremsen nachstellen können und vieles mehr. Immer mit dem Ziel, die Radl wieder verkehrstauglich zu machen, damit die Kinder sicher durch ihre Nachbarschaft radeln können. Die Kinder müssen nur die Ersatzteile mitbringen und schon können sie zusammen mit den Ehrenamtlichen loslegen. In Ausnahmefällen unterstützt das Team auch Erwachsene bei der Fahrradreparatur, die sich den Service im Fahrradladen nicht leisten können.
Einfach angepackt
Richard ist seit sieben Jahren Teil des Teams von aktuell vier Ehrenamtlichen. Zur Radlwerkstatt kam er über seine Frau. Sie engagierte sich damals bei der Lebensmittelausgabe der Münchner Tafel. Als er seine Frau zu einer Dankesfeier der Caritas Nord für Ehrenamtliche begleitete, erfuhr er von dem Projekt. Da Reparieren und an Fahrrädern Basteln genau sein Ding ist, war er sofort begeistert. Richard hat viel Zeit und Energie in das Projekt gesteckt und mit dafür gesorgt, dass seit nun zehn Jahren Kinder weiter auf ihren Radln durchs Hasenbergl flitzen können. Heute sagt er: „Es macht unglaublich viel Spaß, mein Wissen weiterzugeben und zu sehen, wie die Kinder entdecken, dass sie auch ganz einfach selbst ihr Radl reparieren können. Das ist ja kein Hexenwerk. Auch zu zeigen, dass man defekte Gegenstände selbst wieder zum Funktionieren bringen kann und nicht sofort wegwerfen muss, ist mir sehr wichtig.“
Gottfried hat vor drei Jahren angefangen in der Radlwerkstatt mit anzupacken. Von der Möglichkeit, dort mitzuhelfen, hat er bei der Aktion „Engagement in einer Tour“ des Freiwilligen-Zentrum München Nord erfahren. Bei dieser Tour können Interessierte mit einem Bus-Shuttle zu fünf wechselnden sozialen Einrichtungen im Münchner Norden fahren und vor Ort entdecken, wie sie dort mithelfen können. Vor Beginn seiner Rente hat er zweimal an der Tour teilgenommen, da für ihn feststand: „Als alleinstehender Rentner habe ich viel Zeit. Diese möchte ich gerne sinnvoll einsetzen und zusammen mit anderen spannende Stunden verbringen.“ Nach drei Jahren in der Radlwerkstatt steht für ihn fest: „Mein Engagement ist nicht uneigennützig. Ich habe sehr viel an Reparaturkünsten dazugelernt und genieße die zwei Stunden am Donnerstag.“
Es ist immer etwas los
Richard und Gottfried können viele Geschichten davon erzählen, was zusammen mit den Jugendlichen in der Radlwerkstatt Spannendes geschieht: Zum Beispiel von dem Jungen, der ein halbes Jahr lang jeden Öffnungstag in die Werkstatt kam und tatkräftig mithalf und ein richtiger Reparaturprofi wurde. Nur wegen eines Umzugs musste er Abschied von der Werkstatt nehmen. Oder von dem Mädchen, das eines Tages zusammen mit seinen beiden Brüdern kam und dann gleich die Radl der Brüder mitreparierte und ihnen zeigte, wie man den Schraubenschlüssel richtig benutzt. Manche Kinder gewinnen richtig Spaß am Werkeln. Ein Mädchen kam zunächst, um sein Fahrrad zu richten, die Woche darauf kam es mit dem Radl seiner Mama und schraubte daran rum. Stolz verkündete es Richard: „Ich hatte immer zwei Hobbies, jetzt habe ich drei und zwar: Tanzen, Singen und Fahrräder reparieren.“
Mobilität für alle
Die Freiwilligen unterstützen mit ihren handwerklichen Fähigkeiten aber auch andere Menschen. Auf eine Anfrage von einem Alten- und Servicezentrum hin, bietet Gottfried einmal im Monat für Seniorinnen und Senioren einen Rollator-Check und falls nötig die Reparatur an. Auch dieses Angebot ist kostenlos und hilft den älteren Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils mobil zu bleiben.
Seit der Gründung der Radlwerkstatt 2007 wurde jährlich zwischen 200 und 250 Menschen geholfen ihr Radl wieder verkehrstauglich zu machen und mobil zu bleiben. Durch ihren ehrenamtlichen Einsatz sorgen Gottfried, Richard und der Rest des Teams dafür, dass Mobilität für alle im Hasenbergl und in der Nordhaide möglich bleibt, unabhängig vom Einkommen und den finanziellen Ressourcen. Denn so ein Radl ist ja ein wahres Mobilitätswunder. Ganz emissionsfrei und umweltfreundlich ist jeder schnell am Spielplatz, bei Freunden, in der Schule oder am See. Auch der Transport von Einkäufen ist mit dem Radl viel leichter.
Richard und Gottfried betonen, dass die Radlwerkstatt Wissen vermittle. Wissen darüber, wie man einen Reifen flickt zum Beispiel. Aber auch das Wissen, dass ich etwas dazulernen kann, dass ich Erfolge erleben kann, wenn ich etwas einfach ausprobiere, dass ich mit meinen Händen und Werkzeug Dinge wieder zum Laufen bringen kann. Diese Erfahrung kann mit dazu beitragen, dass ein Jugendlicher anfängt, über seine Ausbildungswünsche nachzudenken und die Scheu vor handwerklichen Tätigkeiten verliert.
Jeden Donnerstag ist Spaß garantiert
Richard fasst seine Erfahrungen aus seinen sieben Jahren Ehrenamt so zusammen: „Es tut gut zu sehen, wie in der Werkstatt bei den Kindern und Jugendlichen etwas passiert, wie sie etwas dazulernen. Ich bin froh über meine Entscheidung, dort mitzuhelfen. Ich möchte jedem ganz klar sagen: Auch mit einem Vollzeitjob ist ein regelmäßiges Ehrenamt mit zwei Stunden die Woche machbar. Das kriegt man unter und es lohnt sich, es bringt so viel, für alle Seiten.“ Gottfried ergänzt: „Mir macht das Anpacken in der Werkstatt Spaß, das gemeinsame Schrauben, Improvisieren, Basteln und Lernen. Das Team ist echt toll, aber wir freuen uns immer über neue Helfer. Ganz besonders freuen wir uns über technikinteressierte Schrauberinnen, als Verstärkung für unsere weibliche Freiwillige. Am Anfang muss man auch gar nicht alles können, man lernt dazu!“
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