"Unsere Betriebe sind sehr gerne bereit, auszubilden"
Heinrich Traublinger über den Start in einen krisensicheren Beruf
Die Bäcker-Innung München und Landsberg ist die berufsständische Vertretung der Bäcker in Stadt und Landkreis München und im Landkreis Landsberg. Ihr stellvertretender Obermeister Heinrich Traublinger erklärt im Gespräch mit Johannes Beetz, wie die Bäcker im "Corona-Jahr" ausbilden.
"Der Beruf des Bäckers ist krisensicher"
Corona hat ja viele junge Leute in ihrer Lebensplanung etwas verunsichert, gerade jene, die im September eine Ausbildung beginnen wollen. Wie ist es mit den Betrieben: Sind diese bei der Ausbildung zurückhaltender und abwartender oder gibt es da keine Einschränkungen?
Heinrich Traublinger: Unsere Betriebe haben während Corona natürlich auch weiterhin die Ausbildung fortgeführt, trotz zum Teil erheblich schwierigen Bedingungen im äußeren Umfeld und Ablauf. Natürlich haben wir auch eine Zurückhaltung beim Abschluss der Lehrverträge erfahren müssen. Dies ist sicherlich auf die fehlenden betrieblichen Praktikas zurückzuführen. Diese wurden während Corona weder von den Schulen angeboten noch auf Eigeninitiative angefragt. Es wäre auch sehr schwierig gewesen, diese durchzuführen. Die Betriebe sind aber nach wie vor sehr gerne bereit, auszubilden, und freuen sich auf jede Bewerbung.
Leider wurde es oftmals nicht so gesehen, aber Corona hat gezeigt, dass der Beruf des Bäckers ein krisensicherer Beruf ist. Und eine Ausbildung bei einem Innungsbäcker ist auch ein Garant dafür, dass diese fundiert ist und man nach der Ausbildung hervorragende Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat.
"Unsere Meister können das einschätzen"
Manches Zeugnis wird im Corona-Jahr weniger aussagekräftig sein als üblich. Wie gehen die Betriebe mit den Lücken um, die bei vielen jungen Bewerbern durch den Unterrichtsausfall heuer zwangsläufig entstanden sind? Startet der aktuelle Jahrgang da mit einer Hypothek ins Berufsleben?
Heinrich Traublinger: Natürlich sind die Noten heuer nicht der aktuelle Standard. Wir haben das auch in Gesprächen mit Azubis erfahren die teilweise über ihre eigenen Schulnoten der Berufsschule enttäuscht waren. Sie hatten kaum die Möglichkeit, sich zu verbessern. In der Regelschule verhält es sich sicherlich nicht anders.
Aber unsere Bäckermeister haben langjährige Erfahrung in der Ausbildung, haben schon viele Zeugnisse und Bewerbungen gelesen – sie können dies einschätzen. Und eine Bewerbung besteht nicht nur aus einem Zeugnis. Es kommt ein Bewerbungsschreiben mit hinzu und viel wichtiger ist das persönliche Vorstellungsgespräch. Auch, wenn dies in letzter Zeit gerne via Skype vorgenommen wurde, so hat man dennoch ein Gesicht vor sich und die Aussagen. Ein Vorstellungsgespräch soll nicht nur dazu dienen, den Beruf darzustellen, man muss sich auch kennenlernen. Es muss eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Und wenn keine Möglichkeit für ein Praktikum bestanden hat so kann man gerne noch 1 oder 2 Tage „schnuppern“ anbieten. Hier kann man sich am besten kennen lernen.
"Regional produzieren, Nachhaltigkeit leben"
Die Corona-Krise hat einmal mehr gezeigt, dass Bäcker zu den "systemrelevanten" Berufen gehören. Jeder ist froh, wenn er einen in seinem Viertel hat. Was wünschen Sie sich von Politik und Verbrauchern? Welche "Lehren" aus der Krise sollten diese im Hinblick auf die Betriebe, die die wohnortnahe Versorgung sicherstellen, ziehen?
Heinrich Traublinger: Was wir uns von Verbrauchern wünschen, liegt auf der Hand. Nur mit dem Einkauf bei seinem Innungsbetrieb um die Ecke kann er sich auch darauf verlassen, dass der Betrieb weiterhin seine Filialen auch halten kann. Wir können uns nur bei jedem einzelnen Kunden für seinen Einkauf bedanken, für die Treue, aber auch für die Anerkennung. Nur so können wir weiterhin regional produzieren und damit auch Nachhaltigkeit leben.
Auch wenn unser Berufsstand zu den systemrelevanten Berufen gehört, hat es sehr lange gedauert, bis wir auch politisch erwähnt und erhört wurden. Hier hat unser Landesinnungsverband zusammen mit den anderen Verbänden der Ernährungsgewerke dafür gekämpft. Die Politik müsste jetzt noch den Schritt nach vorne mit uns gehen und zwar mit den Verbänden zusammen. Eine Einbeziehung in die nächsten politischen Entscheidungen, die durchaus eine Erleichterung für die Betriebe mit sich bringen könnten. Bürokratische Entlastung, damit wir wieder die Möglichkeit haben, uns verstärkt unseren Kernaufgaben widmen zu können: die Kunst, ein Brot zu backen, bei dem Sie die ganze Leidenschaft für diesen Beruf schmecken können.
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