Schmecken, riechen, fühlen
Online-Shop und wachsendes Filialnetz vor Ort: dm zeigt, wie man neue und bewährte Möglichkeiten verknüpft
Das Einkaufsverhalten ändert sich. Online bestellen ist bequem. Der Einzelhandel vor Ort bietet dagegen mehr als "nur" Waren. Wie man beide Wege zum Kunden sinnvoll miteinander verknüpfen kann, zeigt dm-drogerie markt. Johannes Beetz sprach darüber mit dm-Filialleiterin Sahar Saidzada (Riem-Arcaden) und den beiden dm-Gebietsverantwortlichen Alexander Grunwald und Lucas Rehn.
"Beide Kanäle verzahnen"
Stationärer Einzelhandel und Online-Präsenz: Das galt lange Zeit als unvereinbar miteinander. Sehen Sie hier einen Widerspruch?
Alexander Grunwald: Seit 2015 gibt es unseren Onlineshop. Die Kunden haben ein starkes Informationsbedürfnis: Viele recherchieren online und kommen dann gut informiert in den Markt.Die logische Folge für uns: Wir müssen stationär und online präsent sein. Wir dürfen beides aber nicht als zwei verschiedene Kanäle sehen. Recherche, Information, Beratung und Einkaufsmöglichkeit müssen zusammenkommen.
Lucas Rehn: Wir sprechen vom "Omnichannel-Gedanken". Wir verzahnen die Kanäle. Sowohl für dem Kunden als auch für den Mitarbeiter ist alles dm - egal welchen Weg er gerade nutzt.
Online kaufen, vor Ort abholen
Welches Feedback bekommen Sie von den Kunden? Wie kann man beide Facetten sinnvoll verknüpfen?
Lucas Rehn: Viele Kunden kaufen bei uns online, lassen sich die Ware aber in ihre Filiale vor Ort liefern. Das wird aktuell stark nachgefragt. Dieser Service ist kostenlos und man kann Zeit sparen: Ich nehme mein dm-Paket abends auf dem Nachhauseweg mit und kann mich beim Abholen kompetent beraten lassen. Selbst ein Umtaush in der Filiale ist problemlos möglich. Kommt einmal ein Produkt nicht gut an, bringt man es in den Markt zurück und spart sich das umständliche Zurücksenden. Unsere größte Komptenz liegt bei den Mitarbeitern vor Ort. Sie können den Kunden beraten und unterstützen.
Sahar Saidzada: Wenn Kunden ihr Paket abholen und eine Frage zu einem Produkt haben, haben sie im Markt immer einen persönlichen Ansprechpartner. Der ist auch am nächsten Tag noch da, wenn der Kunde wieder kommt. Den "Nur-online-Kunden" gibt es ja gar nicht. Die Menschen kaufen viel online, kommen aber am Samstag wieder in ihren Markt und wollen Produkte sehen und stöbern.
"Das läuft ganz offen ab"
Werden online andere Produkte gekauft als im Ladengeschäft vor Ort? Wie stimmen Sie Ihr Sortiment hierfür ab?
Alexander Grunwald: Unsere Märkte sind räumlich begrenzt - online können wir noch mehr Produkte anbieten. Derzeit führen wir über 1.000 online-exklusive Produkte auf dm.de. Das sind Artikel, die unser Kernsortiment sinnvoll ergänzen. Babyphones und Wärmelampen für den Wickeltisch kauft man nicht oft, sie benötigen aber viel Regalfläche. Daher haben wir diese nur in unserem Onlineshop.
Sahar Saidzada: Auch hierzu läuft viel Beratung im Markt. Eltern sehen so ein Produkt im Onlineshop. Wenn der Kunde es benötigt, können wir ihn vor Ort beraten, die Ware zu uns liefern lassen und sie auch hier zurückgeben, wenn sie doch nicht passt.
Lucas Rehn: Dabei spielen unsere Smartphones eine wichtige Rolle, das ist eine Besonderheit bei dm. Wir haben 25.000 Smartphones an unsere Märkte verteilt. Sie sind mobile PCs für unsere Mitarbeiter. Diese haben ohnhein ein großes Wissen zu unseren Produkten, verfügen mit der Recherche-App aber zusätzlich über eine riesige Datenbank zum Beispiel zu Inhaltsstoffen. Damit können sie die Kunden im direkten Kontakt noch besser unterstützen: Das läuft ganz offen ab, Kunden und Mitarbeiter können gemeinsam in diese Datenbank schauen, das Kundengespräch wird nicht unterbrochen.
"Das wollen die Menschen vor Ort haben"
Viele Einzelhändler klagen über Umsatzeinbußen durch den Online-Handel. Sie hingegen sind ausgesprochen erfolgreich. Wie sollte sich der Einzelhandel in den gegenwärtigen Zeiten, in denen sich das Einkaufsverhalten ja unbestritten wandelt, aufstellen?
Alexander Grunwald: Dass Menschen in den Markt vor Ort gehen, um Dinge zu schmecken, zu riechen, zu fühlen, um sich mit Mitarbeitern beraten zu können - das wird es immer geben. Daher stehen Onlineshop und der Markt vor Ort nicht in Konkurrenz zueinander. Online werden gern Produkte wie Katzenstreu oder Großpackungen gekauft, die man nicht schleppen will. Andere Dinge wie Beratung, zum Beispiel im Bereich der dekorativen Kosmetik, wollen die Menschen vor Ort haben. Das stellen wir immer wieder fest.
Lucas Rehn: Der stationäre Handel hat Zukunft. Die Kunden wollen den Kontakt, sie wollen das Haptische, sie wollen sich beraten lassen. Diese Erlebniswelt mit Fühlen, Schmecken, Riechen, in der man Dinge ausprobieren kann und vielleicht sogar Verköstigungen macht, wird noch wichtiger werden. Das geht online nicht. Online kann man informieren - und im Markt daran anknüpfen.
"Soziales Engagement vor Ort wird es immer geben"
Der Einzelhandel hat eine Schlüsselfunktion für das Funktionieren unserer Kommunen; er schafft wohnortnahe Arbeitsplätze, er unterstützt Vereine und Projekte vor Ort. dm hat diese Aspekte sehr früh zu seiner „Philosophie“ gemacht – Sie unterstützen z.B. mit großem Einsatz das ehrenamtliche Engagement der Menschen vor Ort. Dazu muss man im Viertel sichtbar sein. Bauen Sie Ihr Filialnetz weiter aus?
Lucas Rehn: Soziales Engagement vor Ort ist uns von unserer Unternehmenskultur her wichtig und ist uns ein enormes grundsätzliches Anliegen. Das wird es immer geben.
Alexander Grunwald: Wir gehen mit offenen Augen durch die Welt und möchten Standorte erschließen, wo wir noch nicht so nahe am Kunden sind. Wir werden aber nicht jedes Jahr 150 oder 200 neue Filialen eröffnen, sondern sinnvoll und nachhaltig ausbauen. Wir wollen kein Wachstum, indem wir durch Expansion Umsatz generieren. Wir beobachten, was sich entwickelt und was der Kunde will. Es wachsen beide Bereiche - Online und Vor-Ort-Märkte, weil die Kunden beides nutzen.
Verantwortung vom ersten Tag an
Das Einkaufsverhalten der Kunden ändert sich: Längst zählt nicht mehr nur der vermeintlich günstigste Preis. dm wurde zudem zu Deutschlands bestem Arbeitgeber im Einzelhandel gewählt. Sehen Sie darin eine – vielleicht bisher unterschätzte - Chance für den stationären Einzelhandel?
Alexander Grunwald: Natürlich spielt auch der monetäre Aspekt eine Rolle - jeder muss seine Miete bezahlen und Lebensmittel einkaufen. Die Menschen entscheiden sich im Handel aber bewusst für dm drogeriemarkt. Das zeigen auch unsere Bewerberzahlen für die Ausbildung. Mit jedem Markt, der neu aufmacht, gibt es auch einen Ausbildungsplatz pro Jahr mehr. Wir haben die gesellschaftliche Aufgabe, junge Menschen ins Berufsleben zu bringen. Nicht viele bieten wie dm den Drogistenberuf an. Das ist mehr als "Kasse und Verkauf", das ist Beratung und der Kontakt mit den Menschen vor Ort.
Deshalb haben wir in der Ausbildung unser kulturelles Theaterprojekt. Das gehört zum Menschsein dazu, das kann man online nicht bedienen.
Sahar Saidzada: dm hatte schon mit meiner Schule eine Kooperation; dm hat uns da immer unterstützt und so wurde ich auf das Unternehmen aufmerksam. Ich habe dann eine verkürzte Ausbildung bei dm gemacht und mich zur Handelsfachwirtin weitergebildet. Bei dm gibt es immer Möglichkeiten und Aufstiegschancen. Ich habe hier einen vielfältigen Beruf.
Lucas Rehn: Die jungen Leute dürfen mitgestalten und Verantwortung übernehmen. Sie dürfen Fehler machen und daraus lernen. Das lässt sie zur Entfaltung kommen und motiviert. Bei dm übernehmen die Mitarbeiter vom ersten Tag an Verantwortung und entscheiden selbständig mit. Es passiert nicht einfach so, dass viele junge Menschen bei uns in Verantwortung stehen und eine Filiale leiten. Anderswo werden viele Dinge vorgegeben; bei dm können die Mitarbeiter vieles ausprobieren.
Alexander Grunwald: Jede Jahr bei Ausbildungsbeginn am 1. September feiern wir auch viele Jubiläen: Wir haben Kollegen, die sind seit 20 oder 30 Jahren bei dm. Viele haben schon ihre Ausbildung bei uns gemacht. Das ist schön: Die Menschen machen die Veränderungen, die es im Handel schon immer gab, gemeinsam mit dm mit.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH