Nachhaltigkeit ist, wenn ...
wenn Menschen sich gegenseitig unter die Arme greifen
Der Begriff der Nachhaltigkeit wird in der öffentlichen Wahrnehmung leider immer noch häufig sehr eingeschränkt auf Themen des Umweltschutzes und der Ökologie bezogen. Spätestens seit der Veröffentlichung der sog. „Sustainable Development Goals“ (SDG) durch die Vereinten Nationen im Jahre 2016 hat sich ein sehr viel breiteres Verständnis des Begriffs Nachhaltigkeit etabliert. Dieses beinhaltet neben Fragen des Umwelt- und des Klimaschutzes auch Themen wie Gesundheit, Armutsbekämpfung, Soziale Gerechtigkeit, rechtstaatliche gesellschaftliche Institutionen, Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Bildung und menschenwürdige Arbeit für alle.
Doch wie könnten diese Zielsetzungen umgesetzt werden? Es liegt auf der Hand, dass dies nur durch ein von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam getragenes Vorgehen möglich ist. Der Beitrag der Zivilgesellschaft sollte dabei nicht unterschätzt werden.
Sie setzen sich für ihre Sache ein
Eine besondere Form des zivilgesellschaftlichen Engagements stellen selbstorganisierte Initiativen und Selbsthilfegruppen dar. In ihnen schließen sich Menschen zusammen, die von einem gemeinsamen Thema bewegt oder einem gemeinsamen Problem betroffen sind. Sie setzen sich für ihre Sache ein, unterstützen sich gegenseitig, tauschen Informationen und Erfahrungen und helfen sich gegenseitig oft auch ganz praktisch und konkret. Oft setzt die selbstorganisierte Hilfe genau da an, wo die professionelle Unterstützung aufhört: Wenn jemand mit der Diagnose einer schweren Krankheit aus dem Krankenhaus entlassen wird, ein anderer plötzlich seine Arbeit oder seine Wohnung verliert, wenn die therapeutische Begleitung während einer psychischen Krise endet oder bei weitem nicht ausreicht, wenn Menschen von Ausgrenzung und Vereinsamung betroffen sind, dann sind es nicht selten selbstorganisierte Initiativen von Betroffenen, die Menschen auffangen, ihnen Ansprechmöglichkeiten, soziale Kontakte, wichtige Informationen und Kontakte vermitteln und sie ermutigen, ihre Sache selbst in die Hand zu nehmen und auf ihre eigenen Kräfte und Fähigkeiten zu vertrauen.
Nachhaltig ist diese Form der Unterstützung insbesondere deshalb, weil die Betroffenen hier oft über viele Jahre und zum Teil Jahrzehnte eine kontinuierliche und zuverlässige Unterstützung finden, die sie stärkt und stabilisiert.
1.300 Gruppen der Selbsthilfe
In München gibt es derzeit mindestens 1.300 Selbsthilfegruppen und selbstorganisierte Initiativen, die sich mit rund 700 verschiedenen Themen befassen. Beratung zu Fragen der Selbsthilfe und Vermittlung in Gruppen und Initiativen bietet das Selbsthilfezentrum München: Es ist Ansprechpartner für hilfesuchende Betroffene, Selbsthilfeengagierte und professionelle Fachkräfte, die mit Selbsthilfe zusammenarbeiten möchten. Kontakt: www.shz-muenchen.de, Tel. 089 / 532956-16.
Erich Eisenstecken
Ressortleitung Soziale Selbsthilfe
Selbsthilfezentrum München
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