"Keine Scheu haben, professionelle Hilfe anzunehmen"
Mit Puppe Eltern noch besser über die Folgen eines Schütteltraumas aufklären
Das Baby weint und weint und scheinbar nichts und niemand kann es beruhigen. Nach Einschätzung von Experten ist jedes fünfte Neugeborene ein sogenanntes "Schreibaby", das scheinbar ohne jeden Grund schreit, sich nicht beruhigen lässt und seine Eltern an den Rand ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit bringt. "Das Schlimmste, was man machen kann, ist, das Kind aus Überforderung und Hilflosigkeit heraus zu schütteln", weiß Dr. MargretZiegler, ärztliche Leiterin der "Münchner Sprechstunde für Schreibabys" im kbo-Kinderzentrum München.
Verzweifelten Eltern wirksam helfen
Besondere Unterstützung für das Team der Schreibabyambulanz, das seit 1991 mit einem multiprofessionellen Team aus Ärzten, Psychologen und Therapeuten verzweifelten Eltern hilft, kommt nun in Form des Projekts #SchüttelMichNicht der Klinik für Geburtsmedizin der Berliner Charité sowie des German Council of Shopping Places. Im Rahmen der deutschlandweiten Aktion werden über 100 Simulationspuppen an Geburtskliniken und Kinderkrankenhäuser verteilt.Im Fokus von #SchüttelMichNicht steht die Prävention des Schütteltraumas. Sie ist die häufigste Form der Misshandlung im Säuglingsalter und führt oft zu schweren oder tödlichen Gehirnschädigungen.
Für das kbo-Kinderzentrum München hat das Olympia-Einkaufszentrum eine Patenschaft für eine sogenannte "Schüttelpuppe" übernommen. Die Puppe ähnelt in Größe, Gewicht und Aussehen einem richtigen Baby, kann herzzerreißend schreien und ist mit Licht-Elektroden im Gehirnareal ausgestattet, diebeim Schütteln der Puppe rot leuchten.
Torsten Keller, Center Manager der ECE Marketplaces, überreichte die Simulationspuppe im kbo-Kinderzentrum München an Oberärztin Dr. Margret Ziegler sowie Diplom-Psychologin Ruth Wollwerth deChuquisengo. "Als Teil der "#SchüttelMichNicht"-Initiative möchten wir einen aktiven Beitrag zur Prävention und Aufklärung über dieses so wichtige Thema leisten und freuen uns, dass wir als OEZ mit der Patenschaft für eine Schüttelpuppe ganz zielgerichteteine lokale Klinik vor Ort unterstützen können", so Torsten Keller.
Man sieht, was im Gehirn passiert
"Die Schüttelpuppe ist ein wichtiges Instrument in der Aufklärung von Eltern sowie Schulung von Therapeuten", erläutert Ruth Wollwerth de Chuquisengo. "Durch die Licht-Elektroden im Kopf der Puppe sieht man sehr deutlich, was im Gehirn eines Babys passieren würde, wenn man es schüttelt. Die Verletzungen durch das Schüttelnkönnen schwere Behinderungen zur Folge haben und führen oftmals sogar zum Tod." Um Eltern noch besser über die Folgen eines Schütteltraumas aufzuklären, soll die neue Simulationspuppe im kbo-Kinderzentrum München fester Bestandteil von internen Schulungenund Elternberatungen werden. Um Situationen zu vermeiden, die zu einem Schütteln des Babys führen könnten, hat Dr. Ziegler einen Tipp für betroffene Eltern in Extremsituationen: "Das schreiende Baby an einem absturzsicheren Ort ablegen, den Raum kurz verlassen und versuchen, tief durchzuatmen. Erst dann wieder das Baby hochnehmen und versuchen, es zu beruhigen. Und auch ganz wichtig: Keine Scheu davor haben, professionelle Hilfe anzunehmen".
Sprechstunde für Schreibabys
Telefonisch ist die "Münchener Sprechstunde für Schreibabys" unter Tel. 089 71009 330 erreichbar. Am Abend und am Wochenende wird zusätzlich ein Krisentelefon angeboten. Jeden Freitag, Samstag und Sonntag von 19 bis 22 Uhr geben erfahrene Therapeutinnen und Therapeuten am Telefon Hilfestellung zum Umgang mit dem unstillbaren Schreien und vermitteln bei Bedarf auch Telefonnummern von Beratungsstellen außerhalb von München. Die Hotline ist kostenlos und unter Tel. 0800 71 009 900 zu erreichen.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH