Ins kalte Wasser
165 Lehrlinge bei traditionellem Metzgersprung freigesprochen
"Seien Sie vor allem in den ersten Reihen vorsichtig und bringen Sie Ihre Kameras in Sicherheit, denn Sie werden nass", warnte Georg Schlagbauer, Obermeister der Metzger-Innung München, das wartende Publikum rund um den Fischbrunnen am Marienplatz. Nach altem Brauch fand zum Ausbildungsende von insgesamt 165 Metzger-Lehrlingen am vergangenen Sonntag deren Freisprechung und der traditionelle Metzgersprung statt. Stellvertretend wagten acht der frischgebackenen Gesellen den Sprung in das eiskalte Wasser des Fischbrunnens, um sich der Tradition gemäß von den Sünden ihrer Ausbildung reinzuwaschen. "Allerdings bin ich nicht sicher, ob das wenige Wasser dafür ausreicht", scherzte Schlagbauer noch vor dem Spektakel.
Ein bizarrer Sprung
Der Brauch des Metzgersprung entstand bereits im 16. Jahrhundert und damit zu einer Zeit, in der die Stadt mit einer solchen Heftigkeit von der Pest heimgesucht wurde, dass rund die Hälfte aller Münchner der Seuche zum Opfer fiel. Auch noch danach verschanzten sich viele Münchner aus Angst in ihren Häusern. Die traurige Zeit wurde erst beendet, als die Schäffler und Metzger tanzend und musizierend durch die Straßen zogen. Besonders im Gedächtnis geblieben ist den Münchnern dabei der bizarre Sprung der Metzger in den Fischbrunnen. Aus Dankbarkeit war es der Metzger-Innung erlaubt, den Metzgersprung jährlich zu wiederholen. Dieser wurde bald mit der Freisprechung der Lehrlinge und ihrer Erhebung in den Gesellenstand verbunden. Seit 1995 lässt die Metzger-Innung München diesen Brauch alle drei Jahre wiederaufleben.
Auch in diesem Jahr sprachen der Altgeselle also die traditionell mit weißem Gewand bekleideten und Kalbschwänzen behängten Lehrlinge von der Lehrzeit frei. Unter dem Ausruf "Ihr seids frei!" warfen die Jung-Metzger zunächst Bonbons ins Publikum, bevor sie in den Fischbrunnen sprangen und die applaudierenden Zuschauer traditionsgemäß eimerweise mit Wasser überschütteten.
Echt und original
"Die Tradition des Metzgersprungs aufrecht zu erhalten, ist für uns eine besondere Aufgabe", erklärte Schlagbauer, "nicht zuletzt auch, weil wir damit demonstrieren, wie wichtig die Ausbildung und Qualifikation unseres Nachwuchses ist." Eine gute Ausbildung der Lehrlinge lege den Grundstein für eine qualitative und vertrauenswürdige Arbeit der Metzger. "Nirgends finden Sie mehr Authentizität als bei Ihrem Metzger vor Ort. Wir stehen für das Echte und das Originale. Sie finden bei uns keine Imitate, keine Mogelprodukte und kein Klebefleisch", erklärte der Obermeister der Metzger-Innung unter großem Applaus.
Für Oberbürgermeister Christian Ude zeigt die lebendige Tradition des Metzgersprung, genauso wie die Gautschfeier der Buchbinder oder die Freischlagung der Bräuburschen, dass die Münchner stolz auf ihr Handwerk und die Zünfte sind und sie sehr schätzen. "Das sehen wir auch daran, dass heute wieder so viele Menschen hier sind", so Ude.
Weitergabe der Flamme
Auch Handwerkskammerpräsident Heinrich Traublinger gratulierte den Lehrlingen zur bestandenen Ausbildung. Insbesondere dankte er den Eltern, Lehrern und Ausbildern der Jung-Metzger für ihre Unterstützung und ihr Engagement. "Handwerkliche Tradition besteht nicht in der Aufbewahrung der Asche, sondern in der Weitergabe der Flamme", umschrieb Traublinger die Bedeutung einer guten Ausbildungsbegleitung. Das Münchner Kindl bat die Junggesellen und -gesellinnen darum, ihren Beruf mit hoher Sorgfalt und viel Fleiß auszuüben und so dafür zu sorgen, dass die Münchner immer gut versorgt seien. Unter musikalischer Unterstützung der Pöckinger Blaskapelle ging es anschließend in einem Festzug auf den Viktualienmarkt, wo die weiteren Feierlichkeiten stattfanden. Dort eröffnete Schlagbauer auch den Benefiz-Leberkäsverkauf, dessen Erlös an die Kindertafel Ludwigsvorstadt und die Krebsstration der Haunerschen Kinderklinik geht.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH