"Das würde der demokratischen Kultur in unserem Land massiv schaden"
Dem Bundestag sollen künftig nur noch höchstens 630 Abgeordnete angehören (derzeit 736). Das hat der Bundestag heute mit der Wahlrechtsreform beschlossen. Künftig wird auf Überhang- und Ausgleichsmandate sowie die Grundmandatsklausel verzichtet.
So werden künftig in ihrem Wahlkreis (mit der Erststimme) direkt gewählte Abgeordnete nur noch dann tatsächlich ein Mandat bekommen, wenn dies auch durch das Zweitstimmenergebnis ihrer Partei abgedeckt ist.
So könnte z.B. die CSU in Bayern zwar die meisten Direktmandate gewinnen - wäre aber dennoch nicht im Bundestag vertreten, wenn sie nicht zugleich bundesweit die 5-%-Hürde nimmt. Bei der Bundestagswahl 2021 nahm die nur in Bayern antretende CSU diese Hürde knapp (mit bundesweit 5,2 %), errang aber in 45 der 46 bayerischen Wahlkreise das Direktmandat.
Mit dem neuen Wahlrecht könnten solche Mandate der CSU verloren gehen; es wären auch viele bayerische Wahlkreise dann womöglich gar nicht mehr im Parlament vertreten.
Georg Eisenreich, Vorsitzender der CSU München, bewertete vor der Abstimmung die Pläne der Berliner Ampel zur Wahlrechtsreform so:
"Teile der Pläne der Berliner Ampel zur Wahlrechtsreform sind verfassungsrechtlich mehr als fragwürdig und politisch verantwortungslos. Hier wird versucht, mit den Mitteln einer Wahlrechtsreform auch parteipolitische Ziele durchzusetzen. Dutzende von gewonnenen Direktmandaten unter bestimmten Bedingungen wertlos zu machen, würde der demokratischen Kultur in unserem Land massiv schaden. Ich bin entsetzt darüber, dass die Ampel einen solchen Tabubruch erwägt. Ich hoffe, dass zeitnah wieder Vernunft und staatsbürgerliches Denken die Oberhand über Parteitaktik und antibayerische Reflexe gewinnen.“
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