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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Wozu braucht man eigentlich einen Blinddarm?
Als Blinddarm bezeichnet man das kurze Anfangsstück unseres Dickdarmes, welcher sich auf ca. 1,3 Meter Länge erstreckt. Diese ganze Strecke Dickdarm wird gebraucht, um die Verdauungsflüssigkeit „einzudicken“. Dem Blinddarm angehängt ist der Wurmfortsatz und vielleicht zielte die Frage eigentlich auf dessen Nutzen ab. Hier werden oft, auch von den Ärzten, die Begriffe ungenau benutzt. Wir sprechen von einer Blinddarmentzündung und gemeint ist die Appendicitis, also die „Wurmfortsatzentzündung“. Bei der dann oft erforderlichen „Blinddarmoperation“ wird in aller Regel nicht der Blinddarm, sondern nur der Wurmfortsatz entfernt.
Warum haben wir überhaupt einen Wurmfortsatz? Dieses unterschiedlich lange „Anhängsel“ ist eine Ausstülpung der Blinddarmwand als „Überbleibsel“ der Magen-Darm-Entwicklung im Mutterleib. Ausgestattet mit einer eigenen Blutversorgung und begleitet von Lymphknoten wird dem Wurmfortsatz eine gewisse Bedeutung im Immunsystem zugestanden. Er könnte z.B. helfen, Erkrankungen abzuwehren. Das macht ihn auch anfällig für Begleitentzündungen bei anderen Magendarminfekten. Die Behandlung ist fast immer die chirurgische Entfernung des Wurmfortsatzes, also die „Blinddarmoperation“, bei der wir aber fast immer den eigentlichen Blinddarm behalten.
Dass wir ohne den Wurmfortsatz Nachteile hätten, dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg. Den allerdings gibt es für zahlreiche komplizierte Krankheitsverläufe und auch Todesfälle nach Blinddarmdurchbruch mangels moderner Behandlungsmöglichkeiten.
Wer sich zu diesem Thema – spannend erzählt – medizinisch und historisch weiter belesen möchte, dem empfehle ich den Roman „Der Medicus“ von Noah Gordon. Er beschreibt eindrucksvoll die Medizin im Mittelalter und unter anderem auch die „Seitenkrankheit“. So wurde in Unkenntnis der Anatomie die Blinddarmentzündung früher beschrieben.
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