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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Respekt ist ...
... anzuerkennen, was nicht jeder ohne Weiteres schafft
Christine Höpfl: Studentin in einer Shiatsu-Ausbildung, im Nebenjob- Kellnerin im Hinterhoftheater. Rückblende vor 18 Jahren: Eine junge, engagierte Frau biegt auf ihrem Fahrrad in die Kapuzinerstraße ein, auf dem Weg zu einem Termin im Arbeitsamt. Dabei wird sie von einem Auto angefahren. Schädelbasisbruch, Epilepsie, Halbseitenlähmung. Eine jahrzehntelange Leidensgeschichte folgt. Unzähligen Arztvisiten reihen sich an Krankenhausaufenthalte, bis sie 2011 beschließt, die Selbsthilfegruppe „Menschen mit Hirnverletzungen Schädel-, Hirntrauma SHG“ mit Unterstützung des Selbsthilfezentrums München zu gründen. Seither kann sie mit ihrer Behinderung leben. Lebensfroh, mutig, selbstbestimmt. Ihr Motto: „Gerade weil du es nicht kannst, muss du es machen“.
Es ist ihr „Galgenhumor“ wie sie ihn nennt , der sie weitertreibt zu neuen Projekten wie der „Griechenlandhilfe“, wo die Halbgriechin seit 2015 Medikamente an arme Kinder und Krankenhäuser in Griechenland organisiert oder als stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Bundes Deutscher Hirnverletzter (BDH) behinderte Menschen in sozialrechtlichen Fragen berät.
Freiwillige Leistung unter erschwerten Bedingungen
Für Christine Höpfl, 47 Jahre, halbseitengelähmt, lebens- und reiselustig „am liebsten alleine“, bedeutet Respekt:
Das Erkennen und Hervorheben einer Leistung oder Tätigkeit, von der man glaubt, dass diese nicht einfach so jeder ohne weiteres in der Lage ist zu machen. Insbesondere unter erschwerten Bedingungen. Und vor allem, wenn man nicht muss und es freiwillig macht. In Bezug auf Behinderte bedeutet „Respekt“ für mich auf der einen Seite, das Wort „behindert“ nicht als Schimpfwort zu benutzen, um anderen zu sagen, dass sie dumm, unfähig oder nicht voll funktionstüchtig sind.
Aber auch und sehr wichtig: den Willen des Behinderten respektieren - erst fragen, ob Hilfe erwünscht ist, bevor man den Willen des Behinderten einfach ignoriert und meint, den Rollstuhl einfach so zu schieben oder der Person ungefragt den Reißverschluss zu schließen. Für einen behinderten Menschen ist es extrem wichtig, alles was er noch kann, auch ohne Hilfe selbst zu machen. Kurz: Respekt ist, Hilfe anzubieten und sowohl das „Ja bitte!“ als auch das „Nein danke“ zu respektieren und zu akzeptieren.
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