"Eingriffe demotivieren leistungsbereite Schüler"
Realschulfamilie hält Verzicht auf Schulaufgaben für großen Fehler
An Realschulen, Gymnasien und Wirtschaftsschulen wird es in diesem Schuljahr keine Schulaufgaben ("große Leistungsnachweise") mehr geben. Kultusminsiter Michael Piazolo begründete diesen Schritt am Montag mit dem Vermeiden von Leistungsdruck. In den nächsten Wochen sollten die Schüler stattdessen Basiswissen und Grundlegendes sichern. Realschulelternverband (LEV-RS) und Realschullehrerverband (brlv) zeigten sich von diesem Schritt überrascht und bestürzt. Sie befürchten die unnötige Schaffung eines „Corona-Jahrgangs“.
Erbrachte Leistungen würdigen
„Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kultusminister zweieinhalb Monate vor Ende des laufenden Schuljahres solche innerhalb der Schulfamilie unabgestimmten Entscheidungen trifft. Natürlich hätte man nach der Phase des Distanzunterrichts in pädagogischer Verantwortung der einzelnen Schulen auch noch vereinzelt große Leistungsnachweise durchführen können. Dies wäre wichtig, um die Qualität der Realschulbildung auch in den Jahrgangsstufen 5 bis 9 aufrechtzuerhalten und die erbrachten Leistungen und Lehrzuwächse aus der Zeit des Distanzunterrichts entsprechend zu würdigen“, so Jürgen Böhm, Landesvorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands (brlv).
"Fahrlässige" Eingriffe von oben
Auch Andrea Nüßlein, Landesvorsitzende des Landeselternverbands Bayerischer Realschulen (LEV-RS), kritisiert die Regelungen: „Um gerade in der Jahrgansstufe 9 valide Noten bilden zu können, hätte man die verbleibende Zeit nutzen müssen und für die Schülerinnen und Schülern gerade in den Profil- und Prüfungsfächern Möglichkeiten zu schaffen, entsprechend ihre Leistungsfähigkeit zu zeigen.“
Die Rückmeldungen aus den Schulen seien eindeutig, erklärt Böhm. "Leistungserhebungen werden im Unterricht bewusst vorbereitet und geplant. Hierbei einfach von oben herab in laufende pädagogische Prozesse einzugreifen, ist fahrlässig, demotiviert viele leistungsbereite Schüler und stößt engagierte Kolleginnen und Kollegen vor den Kopf.“
"Qualität wird ausgehöhlt"
Man könne nicht nachvollziehen, so die beiden Vorsitzenden, warum der Kultusminister zum jetzigen Zeitpunkt Kräften nachgebe, die "die Corona-Krise dafür missbrauchen wollen, um bildungsideologische und leistungsfeindliche Bildungsideen umzusetzen, die unter dem Mäntelchen einer falsch verstandenen Bildungsgerechtigkeit die hohe Qualität der Realschule in Bayern aushöhlen" möchten.
Jetzt müsse es schnell eine Anpassung der Entscheidung geben, um vor Ort an den Realschulen mit Augenmaß, pädagogischer Erfahrung und mit realistischen bzw. realisierbaren Leistungsanforderungen reagieren zu können.
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