„Nicht unsere Kragenweite“
Bezirksausschuss lehnt Zuschuss für Literaturevent ab
2011 fand der erste „Hörgang“ in München statt. Das Konzept: 15 Autoren (etablierte ebenso wie Newcomer) lasen an 15 verschiedenen Orten im Bahnhofsviertel, jeweils 15 Minuten lang. Am seither bewährten Konzept haben die Macher kaum etwas geändert, außer dass mehr Autoren und zusätzliche Lese-Räume dazukamen. Veranstalter ist die „brennt gmbH“ mit deren Motor Otger Holleschek. Der organisiert seit über dreißig Jahren Feste und Feier in verschiedene Formaten und ist Teil des Unternehmen h+s Veranstaltungen (Otger Holleschek + Matthias Schlick). In diesem Jahr wollte Otger Holleschek den „Hörgang“ nach Laim bringen. 15.000 Euro Zuschuss beantragte er dafür beim Bezirksausschuss Laim (BA 25). Dem Gremium ist dies jedoch zu viel. Mehrheitlich wurde in der jüngsten BA-Sitzung sogar eine Teilbezuschussung abgelehnt.
„Ohne Zuschuss geht´s nicht“
„Der BA unterstützt kulturelle Angebote aus dem Stadtbezirksbudget, aber nicht auf diesem professionellen Niveau“, erklärte Carsten Kaufmann (SPD-Fraktionssprecher) bei der jüngsten BA-Sitzung. „Die brennt gmbH ist nicht ganz unsere Kragenweite, sondern eher etwas fürs Kulturreferat.“ Stolz ist man in Laim auf die „Internale“, dem Musikfest, das der BA Laim in Kooperation mit dem „Interim“ ins Leben rief und für das er 6.000 Euro zur Verfügung stellt. Das Zehnfache dessen hat Otger Hollescheck für den „Hörgang“ veranschlagt. Ein Viertel der Summe solle vom Kulturreferat kommen, weitere 15.000 Euro durch Eintrittsgelder. In früheren Jahren gab es von den jeweiligen BAs Zuschüsse, die zwischen 3.000 und 8.000 Euro lagen, wie Holleschek auf Anfrage erklärt. Was an Gelder fehlte, stemmte die eigene Agentur h+s Veranstaltungen. Seit der Pandemie aber könne die Agentur nicht ohne die stattliche Überbrückungshilfe bestehen und also auch nicht so viel beisteuern. „Ohne Zuschuss vom BA wird es nicht gehen“, resümiert Holleschek.
60 Autoren an 40 Orten
Das Literaturfest ermögliche nicht nur Literaturgenuss, sondern helfe auch, Orte im Viertel zu beleben. 2019 etwa, als der „Hörgang“ im Arabellapark stattfand, lasen 28 Autoren an 25 verschiedenen Orten, darunter eine Hotelsuite, ein Friseursalon und eine Schrebergarten-Gaststätte. In der erklang musikalisch untermalt Poetisches von Konstantin Wecker, was den Schrebergarten wie auch das Literaturfest veredelte. Neben Debütanten, wie etwa Teilnehmern vom Kunstgeschichtenwettbewerb, der gleichfalls von Holleschek ins Leben gerufen wurde, lesen immer wieder auch Bachmann-Preisträge, betonte Holleschek. Pandemiebedingt pausierte das Festival zwei Jahre lang. Jetzt will man sich aus Laim zurückmelden. Am liebsten mit 60 Autoren an etwa 40 Spielorten. Die Argumente für einen Festival-Zuschuss erreichten jedoch keine Mehrheit im BA Laim.
„Jetzt wäre doch mal was“
140.453 Euro stehen dem BA-Laim laut Auskunft der Geschäftsstelle für das Jahr 2022 zur Verfügung. Davon übrig sind aktuell knapp 71.140 Euro.
„Wir müssen schauen, dass wir mit unserem Budget bis zum Ende des Jahres klarkommen“, erklärte Alexandra Gaßmann (CSU) bei der Zuschuss-Abstimmung. Den mangelnden Stadtteilbezug sprach Oliver Jennißen (FDP) an. Einzig die Grünen-Fraktion war für einen Zuschuss, zumindest in Teilen. „Wir brauchen doch Vielfalt im kulturellen Bereich“, sagte Gerhard Laub (Grüne). „Wir jammern immer, dass in Laim nichts passiert. Jetzt wäre doch mal was“, so Lisbeth Haas (Grüne). Ohne die Stimmen der Grünen-Fraktion entschied dann eine knappe Mehrheit im BA gegen eine Bezuschussung. Eine komplette Zuschuss-Ablehnung durch einen BA gab es für den „Hörgang“ laut Holleschek bislang noch nie. Auf Anfrage erklärt er: „Wenn ich ehrlich bin, wird das wohl das Aus sein dieses Jahr für den Hörgang, da müsste noch ein Wunder passieren.“ Respektlos und wenig sachorientiert sei er immer wieder von städtischen Institutionen behandelt worden, ohne die aber derlei Projekte nicht machbar seien. „Und wenn ich dann höre, dass das Sommerfest im Laim 40.000 Kulturförderung bekommt, denke ich aufhören und ‚Geschichte sein‘ ist doch auch nicht schlecht für mich.“
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