"Wichtige Wende"
Differenzierte Sicht auf die Türkei
"Wohin treibt die Türkei?" fragte die SPD im Münchner Süden im Kaffee Giesing. Viele Gäste waren selbst Türken oder türkischer Abstammung. Florian von Brunn, SPD-Landtagskandidat und Gastgeber der Veranstaltung, saß mit Cihan Sendan, dem Bundesvorsitzenden der Deutsch Türkischen Freundschafts Föderation, und Ender Beyhan aus dem Bezirksausschuss 17 Obergiesing-Fasangarten auf dem Podium.
"Nicht mehr zu erwarten"
Ender Beyhan verteidigte wie andere die Politik der Regierung Erdogan vor dem Hintergrund der türkischen Geschichte: "In den vergangenen zehn Jahren hat sich in der Türkei sehr viel positiv verändert. Von einer so jungen Demokratie mit islamischen Wurzel kann und darf man nicht mehr erwarten." Etliche Zuhörer kritisierten diesen Standpunkt heftig und wiesen auf Menschenrechtsverletzungen, massive Übergriffe der Polizei und die vier Toten im Lauf der Proteste um den Taksim-Platz hin.
"Türkei ohne Europa undenkbar"
Cihan Sendan verurteilte die Gewalt gegen die Demonstranten deutlich und kritisierte undemokratische Entwicklungen. Er setzt die Hoffnung auf die junge Demokratie- und Protestbewegung und auf das EU-Betrittsverfahren: "Junge Menschen in der Türkei werden ab jetzt an der Demokratisierung in ihrem Land stärker teilhaben. Das ist eine historisch wichtige Wende in Anatolien. Der deutsch-türkische Freundschaft darf aber trotzdem von manchen unfähigen Möchtegern-Politikern nicht geschadet werden. Ein Europa ohne Türkei oder ein Türkei ohne Europa ist undenkbar."
Menschenrechte sind die Bedingung
Florian von Brunn plädierte für eine differenzierte Sicht. Der SPD-Landtagskandidat machte deutlich, dass die Voraussetzung für einen Beitritt die strikte Beachtung der Menschenrechte und demokratischer Prinzipien sind: "An der Rechtsstaatlichkeit, am Respekt vor der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit und am Umgang mit Andersdenken und Minderheiten zeigt sich, ob ein Land eine Demokratie ist, die europäischen Prinzipen entspricht. Das gilt aber auch für Länder, die bereits Mitglied der Europäischen Union sind wie Ungarn!"
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