"Dass es Kindern gut geht, ist eines der wichtigsten Dinge"
Janine Lennert erklärt, was Spielplatzpaten können und dürfen - aber nicht müssen
Seit 1992 gibt es in München "Spielplatzpatenschaften". Inzwischen kümmern sich rund 50 Ehrenamtliche um Spielplätze in ihrem Viertel. Die Arbeitsgemeinschaft Spiellandschaft Stadt unterstützt die Paten. Ihre Koordinatorin Janine Lennert erklärt im Gespräch mit Johannes Beetz, was Spielplatzpaten tun. Wer selbst Pate werden will, findet mehr über die Arbeitsgemeinschaft unter www.spiellandschaft.de.
"Jeder Pate entscheidet für sich selbst"
Für unsere Spielplätze sind die Stadt und ihr Baureferat zuständig. Wozu braucht es dann Spielplatzpaten? Welche Aufgaben übernehmen die Paten? Was können die Paten, was die Stadt nicht kann?
Janine Lennert: Die öffentlichen Spielplätze liegen ebenso wie die öffentlichen Grünflächen im Zuständigkeitsbereich des Baureferat (Gartenbau) der LH München. Das Referat kümmert sich um Unterhalt, Wartung und Pflege der Spielplätze, initiiert Reparaturen, Renovierungen und den Neubau von Spielplätzen. Dabei werden im Übrigen auch stets die Ideen und Bedarfe der Nutzer*innen einbezogen, durch Kinder- und Jugendbeteiligungen bis hin zu Bürgerbeteiligungen für Erwachsene. Spielplatzpat*innen sind das direkte Bindeglied zwischen den Nutzer*innen der Spielplätze und der Verwaltung. Sie haben ihre Spielplätze im Blick, da sie sie häufig auch selbst mit Kindern nutzen. Sie stehen in Kontakt mit den zuständigen Mitarbeiter*innen vom Gartenbau und können dort auf kurzem telefonischem Wege Anliegen melden, wie zum Beispiel, dass Mülleimer überquellen oder dass die Wasserpumpe defekt ist. Die Kolleg*innen vom städtischen Unterhalt bemühen sich dann, die Anliegen so schnell wie möglich zu bearbeiten. Pat*innen können sich auch einbringen, indem sie zum Beispiel kleine Spielnachmittage organisieren oder ein Familienpicknick, um den Zusammenhalt auf den Spielplätzen zu stärken, bis hin zu Sommerfesten auf ihren Spielplätzen. Dabei können sie auch Unterstützung durch Spielmobil-Angebote aus dem Netzwerk der Spiellandschaft Stadt erhalten. All das sind übrigens Kann-Optionen – jede Patin und jeder Pate entscheidet für sich selbst, wieviel Zeit und Engagement er oder sie einbringen kann und möchte.
"Das müssen sie nicht leisten"
Spielplätze werden von unterschiedlichen Kinder genutzt. Die einen sind jünger, die anderen älter. Was dem einen richtig Spaß macht, ist für den anderen längst zu "babyisch". Und dann sind da noch Eltern und Großeltern, Passanten und Anwohner. Wie macht ein Spielplatzpate alle glücklich?
Janine Lennert: Alle Nutzer*innen gleich glücklich zu machen, können und müssen auch Spielplatzpat*innen nicht leisten. Sie können aber Interessen aufnehmen und in den Austauschtreffen der Pat*innen und mit dem Gartenbau Lösungen entwickeln. Wenn zum Beispiel auf einem Platz fußballspielende Kinder im Grundschulalter in Konflikt geraten mit Eltern von Kleinkindern, kann man gemeinsam überlegen, ob man nicht an anderer Stelle auf dem Platz temporär transportable Kleintore aufstellt. Diese Tore könnten zum Beispiel in einer Spielplatz-Spielekiste verwahrt werden, die auf Wunsch von Pat*innen auf verschiedenen Paten-Spielplätzen vom Gartenbau bereitgestellt wurden.
Ideen werden ausgetauscht
Paten sind ja weder Pädagogen noch Fachleute für Spielgeräte oder gar Konfliktlösung. Wie unterstützt die Spiellandschaft Stadt die Paten? Wo greift sie ihnen unter die Arme?
Janine Lennert: Die Spielplatzpat*innen treffen sich 3 bis 4 mal im Jahr zu Austauschtreffen, zu denen Spiellandschaft Stadt und Gartenbau gemeinsam einladen. Hier werden Anliegen besprochen, Ideen ausgetauscht und gemeinsam oft kreative Ideen und Projekte für die Spielplätze entwickelt, wie zum Beispiel der Bau von einfachen Spielgeräten für Spielplatz-Spielekisten. Spiellandschaft Stadt berät dabei insbesondere zu pädagogischen Anliegen, bietet Fortbildungen zu Spielangeboten an und unterstützt auch zwischen den Treffen per Telefon und E-Mail.
"Paten kennen ihre Ansprechpartner"
Was kann man als Spielplatzpate bewegen? Worüber freuen sich „Ihre“ Paten am meisten? Welche Rückmeldungen haben Sie da?
Janine Lennert: An erster Stelle steht der gute Kontakt zu den Kolleg*innen im Gartenbau: die Pat*innen kennen ihre zuständigen Ansprechpartner*innen und müssen sich nicht erst mühsam durch die Stadtverwaltung telefonieren. Als sich zum Beispiel auf einem Spielplatz zeitweilig abends vermehrt junge Erwachsene aufgehalten haben und leider viele unschöne Hinterlassenschaften zurückblieben, reagierte der Gartenbau auf Hinweis der Patin prompt und erhöhte die Frequenz des Sicherheitsdiensts in den Abendstunden, was letztlich für Abhilfe sorgte. Ein anderes Beispiel war der Wunsch von Kindern auf einem Spielplatz nach einer Slackline. Hier wurden zeitnah Poller in die Wiese gesetzt, in die die Kinder die Slackline aus der Spielplatz-Spielekiste einhängen können.
"Diese Gefahr sehen wir nicht"
Wenn Spielplätze in die Jahre gekommen sind, dauert es oft lange, bis kaputte Geräte ersetzt werden oder gar neue Dinge angelegt werden. Geld und Personal sind in der Stadt knapp. Laufen die Paten nicht auch in Gefahr, als "Lückenbüßer" herhalten zu müssen?
Janine Lennert: Diese Gefahr sehen wir nicht: Auch in Zeiten knapper Kassen stehen die Spielplätze in der Münchner Verwaltung an oberster Stelle. Spielplatzpat*innen tragen in ihrem persönlichen Umfeld zusätzlich dazu bei, das Recht der Kinder auf Spiel zu wahren. So sieht es auch Florian Hochstätter, Stadtgartendirektor der Landeshauptstadt München, der sich in der letztjährigen Ehrung der Spielplatzpat*innen ausdrücklich für deren Engagement bedankte: “Das Projekt der Spielplatzpatenschaften ist ein sehr wichtiges Projekt, da es eine Möglichkeit für Erwachsene ist, sich für Spielplätze, für das öffentliche Grün, für eine ganz wichtige Ausstattung in der Landeshauptstadt München zu engagieren, die den Kindern zu Gute kommt. Und dass es den Kindern gut geht, ist mitunter eines der wichtigsten Dinge, die eine Stadt ermöglichen muss!”
"Mit anderen Besuchern sprechen"
Nicht jeder hat neben Beruf und Familie Zeit für ein Ehrenamt. Mit wieviel zeitlichem "Aufwand" muss man als Pate für einen Platz rechnen?
Janine Lennert: Im Vertrag, den die Pat*innen für ihre Spielplatzpatenschaft abschließen, ist es eigentlich ganz gut beschrieben: „Die Patin / Der Pate soll unentgeltlich und ehrenamtlich Ansprechpartner/-in vor Ort für die Kinder und Eltern sein und als Bindeglied zur Stadt und Spiellandschaft Stadt e.V. auftreten.“ Das heißt, wer zum Beispiel ein-, zweimal die Woche seinen Patenspielplatz besucht und ab und an auch mit anderen Besucher*innen ins Gespräch kommt, ist schon eine wertvolle Unterstützung. Wer mag, kann sein Engagement aber auch erweitern: Das geht hin bis zu regelmäßigenSpielnachmittagen in den warmen Sommermonaten, wie es zum Beispiel die Pat*innen am Lazerattspielplatz in Neuhausen anbieten.
"Die Paten haften nicht"
Was passiert eigentlich, wenn ein Spielgerät kaputt ist oder sich gar ein Kind beim Spielen verletzt? Haftet dann der Pate mit?
Janine Lennert: Nein, die Pat*innen haften dafür nicht. Für die Verkehrsssicherheit der Spielplätze ist allein der Gartenbau zuständig. Alle öffentlichen Spielplätze werden regelmäßig gewartet und defekte Geräte umgehend repariert bzw. abgebaut. Aber jede*r Bürger*in kann im Übrigen auch selbst Schäden melden: auf allen Spielplätzen sind die sogenannten „Caracho“-Aufkleber angebracht mit der Rufnummer der Grünanlagenaufsicht (089 / 23327656). Eine zweite Möglichkeit, Schäden oder Verunreinigungen zu melden, ist die Münchner Spielplatz-App: unter www.spielplatz-muenchen.de finden sich alle öffentlichen Münchner Spielplätze und ein entsprechender Link für Störungsmeldungen.
"Wasser steht ganz oben"
Vogelnestschaukel, Rutsche, Kletternetz - oder einfach nur Sand: Was ist das "beste" Spielgerät?
Janine Lennert: DAS beste Spielgerät gibt es wohl nicht, dafür ist die Alters- und Interessensbandbreite der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zu groß. Aber ein Wunsch steht trotzdem bei Allen immer ganz oben: Wasser zum Spielen und Wasser zum Trinken.
Vom 6. bis 9. Juli in Giesing
Sie stellen im Juli die Spielplatzpatenschaften in Giesing vor. Wann, wo und was planen Sie dort? Ist Ähnliches auch in anderen Viertel vorgesehen?
Janine Lennert: Von 6. bis 9. Juli ist der Spielbus der Spiellandschaft Stadt von 14.30 bis 18.30 Uhr im Weißenseepark präsent. Gemeinsam mit 2 Spielplatzpat*innen bringen wir Fadenspiele und Schlaufentricks als Spielanregung für Kinder und Eltern und öffnen die Spielplatz-Spielekiste. Das Angebot ist offen und kostenlos; bei Regen muss es leider entfallen. Grundsätzlich werben wir aber auch auf vielen weiteren Spielaktionen für das Projekt und sprechen Eltern an, ob sie sich eine Patenschaft vorstellen könnten, wie zum Beispiel aktuell in Lochhausen-Langwied.
"Paten sind jederzeit willkommen"
Für welche Spielplätze suchen Sie aktuell Paten?
Janine Lennert: In Giesing freuen wir uns besonders über Unterstützung im Weißenseepark und auf dem Alpenplatz. Aktuell wirbt zum Beispiel der 19. Stadtbezirk für weitere Pat*innen – hier hat gerade die Kinderbeauftragte des BA, Monika Reim, eine erste Patenschaft im Stadtteil übernommen. Uns sind aber für alle Münchner Spielplätze jederzeit Pat*innen willkommen!
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