Die Folgen einer wachsenden Stadt
"Forum Lebenswertes München" lud zum zweiten Bürgerdialog ein
Verkehrskollaps, Grünflächenverbrauch und Folgen für die Lebensqualität in München und den Nachbargemeinden: Diese Themen standen im Fokus eines Bürgerdialogs, zu dem das "Forum Lebenswertes München" zum zweiten Mal eingeladen hatte. Über 100 Vertreter von Bürgerinitiativen, Stadträte, Bezirksausschussmitglieder, Bürger waren der Einladung im Bürgersaal Fürstenried gefolgt. Das "Forum Lebenswertes München" ist eine Arbeitsgruppe von rund 50 Vereinen und Initiativen.
Knapp 30 Vereine und Bürgerinitiativen präsentierten an Infoständen ihre Projekte im Bereich baulicher, verkehrlicher und ökologischer Infrastruktur. In seinem Grußwort würdigte Staatsminister Michael Piazolo das Engagement der Bürgerinitiativen, Vereine und Bürger. Nur gemeinsam könne man den negativen Folgen einer maßlosen Verdichtung in München Herr werden, so Piazolo. Vielmehr ginge es um eine Entwicklung aller Regionen in Bayern. In München wirke das Wachstum dagegen nur preistreibend.
"Ausbau der Radwege"
Sieben Referenten zeigten in Vorträgen die bereits sichtbaren Auswirkungen des Wachstums auf. Verkehrsexperte Wolfgang Hesse vom "Münchner Forum" plädierte für eine Verkehrswende, um dem Verkehrskollaps zu entkommen. "Ein schneller, umfangreicher Ausbau des schienengebundenen öffentlichen Nahverkehres – insbesondere von Tram und S-Bahn – hilft, die Pendlerströme aufzufangen. Der Ausbau der Radwege gehört ebenso dazu wie perspektivisch ein Gratisticket für den ÖPNV", resümierte Hesse.
Herbert Stepp und Astrid Pfeiffer aus Planegg erläuterten "die dramatischen Folgen des bisherigen und geplanten Kiesabbaus im Bannwald im Südwesten Münchens". Geschützte Wälder würden so unumkehrbar geschädigt.
Die "gruseligen Ortsbild-Veränderungen" visualisierte Andreas Dorsch vom Bündnis Gartenstadt. Er plädierte für eine Stadtentwicklungsplanung, die gewachsene Strukturen und Nachverdichtung nachhaltig vereint. "Gestaltungs- und Erhaltungssatzungen, Ensemble- und Denkmalschutz müssen stärker angewendet werden. Grün muss zugunsten eines verträglichen Stadtklimas erhalten werden", so Dorsch. Stadtrat Tobias Ruff veranschaulichte die Folgen der baulichen Verdichtung für Luft und Wasser: "Großflächige Baugebiete wirken wie Riegel und gefährden
damit schon jetzt die Frischluftversorgung Münchens."
Hitzeentwicklung und Artenschwund
Besorgt stimmte die Zuhörer die Dimension der Einleitung ungeklärten Abwassers in die Isar bei Starkregen. Eine neue Rechtsdefinition des Baumschutzes forderte indes Rechtsanwalt Reiner Lang. Die bisherigen Schutzmaßnahmen führten zu einer überproportionalen Hitzeentwicklung in der Stadt. Die klimapositiven Auswirkungen von altem Baumbestand seien nicht ansatzweise mit ein paar Nachpflanzungen zu kompensieren, so Lang. Biodiversitätsforscher Michael Schrödl von der Zoologischen Staatssammlung München schloss die
Vortragsreihe mit aktuellen Zahlen zu Klimakrise und massivem Artenschwund. Im Stadtgebiet halbiere sich bis 2050 die Zahl der Tierarten, wenn die ökologisch kostbaren Flächen weiterhin mit gleicher Geschwindigkeit verschwinden.
"Respektvoller Umgang mit Ressourcen"
Beim Bürgerdialog waren sowohl Aussteller dabei, die münchenweit aktiv sind, als auch jene, die stadtbezirksbezogen arbeiten, unter anderem "Münchner Forum", "Bündnis Gartenstadt München", "BUND Naturschutz in Bayern (Kreisgruppe München)", "München muss handeln", "Verkehrsberuhigung München", "BI Haidhausen S-Bahn-Ausbau", "AG Rettet den Münchner Norden", "BI Lebenswertes Daglfing", "AG Fasanerie", "Heimat Giesing", "Pro Fürstenried", "BI Lebenswertes Berg am Laim“, "BI Frischluftzufuhr" und "BI Pro Englischer Garten". Initiatorin Gisela Krupski würdigte die Entwicklung seit der ersten Veranstaltung dieser Art vor einem Jahr: "Unser Zusammenschluss hat zumindest schon zum Nachdenken bewegt. Ich wünsche mir einen respektvollen Umgang mit unseren Ressourcen statt einem Wachstum um jeden Preis", sagte sie.
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