"Es geht immer auf Kosten der Schüler"
Raumnot in Grundschule am Ravensburger Ring
Rektorin Claudia Hirschnagel sieht sich an der Grundschule am Ravensburger Ring mit einer äußerst schwierigen Raumsituation konfrontiert, die sich seit der Einführung von Ganztagesklassen im Jahr 2009/10 weiter zuspitzt. Übergangslösungen, die zu einer kurzfristigen Verbesserung beitragen sollten, sind mittlerweile zu einer Dauereinrichtung geworden. So verdeutlicht die Abtrennung des Mensabereiches innerhalb der Aula ganz klar: „Provisorien leben am längsten.“ Das Referat für Bildung und Stadtschulrat Rainer Schweppe sehen noch keinen Handlungsbedarf.
Zeit läuft davon
Eine langfristige Umstrukturierung mit größeren Umbaumaßnahmen wird zwar in Betracht gezogen, konkrete Pläne, die eine Erhöhung der Klassenzimmeranzahl vorsehen, liegen nicht vor und brauchen Zeit. Alle Vorschläge der Schulleitung, um die Raumsituation kurzfristig und vor allem für das kommende Schuljahr 2012/2013 zu verbessern, wurden bisher nicht genehmigt. Weder das Aufstellen eines Container zur Nutzung als Freizeitraum noch ein funktioneller Anbau zur Unterbringung von Materialien etc. fanden bei den Zuständigen Zustimmung.
Die Zahlen sprechen für sich
Was tun, wenn sich die Schülerzahlen im kommenden Schuljahr weiter erhöhen? Genau damit nämlich rechnet Claudia Hirschnagel, ihrer Meinung sprechen die Zahlen für sich: „Bereits jetzt liegen mir 138 konkrete Voranmeldungen für das neue Schuljahr vor. Die Grundschule kann daher erfahrungsgemäß mit ca. 110 Einschreibungen in 2012 rechnen. Ein weiteres Klassenzimmer würde dann für eine fünfte 1. Klasse benötigt werden, die Grundschule wäre damit fünfzügig.“ Das wäre nur dann möglich, wenn die schon bestehenden Übergangsklassen aufgelöst würden.
Bewahrheitet sich dann noch das Ergebnis der Umfrage der Eltern von Erstklässlern, dass sich 88,6 Prozent der Befragten eine Ganztagsbetreuung wünschen, steigt der Raumbedarf noch weiter an. Die Schmerzgrenze ist aber bereits erreicht: Im Freizeitraum mit 70 Quadratmeter spielen und beschäftigen sich bis zu 50 Kindern. Insgesamt werden bis nachmittags (15.30/17.00 Uhr) 220 Kinder verköstigt und betreut.
Stadtschulrat Schweppe dagegen sieht die Entwicklung der Schülerzahlen anders: „Nach der aktuellen Potenzialprognose rechnen wir bei der Grundschule Ravensburger Ring nicht mit einem Anstieg der Schüler- und Klassenzahlen“. Er geht davon aus, „dass die Grundschule bis zum Jahr 2014 vierzügig bleibt, danach aufgrund sinkender Schülerzahlen in eine Dreizügigkeit übergeht. Die Diskrepanz zu den vorgelegten Zahlen erklärt sich für ihn aus der Art der Erhebung."
Die Realität ist hart
Überfüllte Klassen- und Freizeiträume, Doppel- und Dreifachnutzung der Räume, Mittagessen im Schichtbetrieb in einem als Mensa umfunktionierten Teil der Aula gehören mittlerweile zum Schulalltag. Die Kinder leiden unter einem großen Lärmpegel, haben keinen Bewegungsraum und die Möglichkeit, parallel unterschiedliche Angebote anzubieten (Leseecke, Musikhören, Spielen) ist schwer realisierbar.
Seit 2010/2011 finden im vollen Lehrmittelraum Elternberatungsgespräche statt, in Zukunft wird dieser dem Sozialberatungsdienst zur Verfügung gestellt, ein eigenes Lehrmittelzimmer wird es dann nicht mehr geben.Selbst das vorgeschriebene Bestuhlungskontingent von 250 Stühlen wird in einer der Umkleiden der Turnhalle untergebracht.
Die Turnhalle selbst steht momentan auch nicht zur Verfügung, und ist bis auf weiteres wegen einer Betonprüfung gesperrt. Der Sportunterricht findet daher in Doppelbelegung in der Gymnastikhalle statt. Wichtige außerschulische Angebote oder Projekte wie die Lesewoche können nur selten oder gar nicht mehr stattfinden. Der Musikunterricht wird im Werkraum vermittelt.
Dass Stadtschulrat Reiner Schweppe in dieser Situation „Die Schule als Lern- und Lebensraum" sieht und dabei auf das ganzheitliche Raumkonzept hinweist, das von der Stadt München unterstützt wird, ist schwer nachzuvollziehen. Wenn es darum geht, vorhandene Räume für verschiedene Nutzungen zur Verfügung zu stellen, dann wird gerade das in der Grundschule am Ravensburger Ring bereits umgesetzt
Nachgefragt
Stadträtin Ursula Sabathil will es ganz genau wissen. Sie hat insgesamt zehn konkrete Fragen an Münchens Oberbürgermeister Christian Ude formuliert. Nachdem in dem SZ-Artikel “Empörung an den Grundschulen“ vom 4./5. Februar zu lesen war, dass das staatliche Schulamt und zahlreiche Schulleiter vom Vorgehen des Münchner Stadtschulrats in Sachen Ganztagsklassen und Raumbeschaffung irritiert sind und sich auch auf der Kommunikationsebene vernachlässigt fühlen, bohrt sie nun nach.
Die Fakten im Überblick
In diesem Schuljahr besuchen 388 Schüler die Grundschule am Ravensburger Ring, insgesamt 16 Klassen (vierzügig), dazu noch zwei Übergangsklassen mit 100 Prozent Migrationsanteil, drei Ganztagsklassen, vier Deutschförderklassen, 7 Vorkurse (Kindergartengruppe mit jeweils 10 Kindern), eine Partnerklasse mit Down-Syndrom-Kindern und die Heilpädagogische Tagesstätte am Nachmittag. Der Migrationsanteil der Gesamtschülerzahl liegt momentan bei über 75 Prozent, Tendenz steigen.
Bei der Ganztagsklasse werden die Kinder bis 15.30 Uhr betreut, im Tagesheim (früher als Hortbezeichnet) bis 17 Uhr, und das in der Regel auch während der Ferienzeit. Bei der Ganztagsklasse werden Unterricht und Entspannungsphasen im Wechsel gestaltet, so dass sich der Unterricht auf den ganzen Tag verteilt.
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