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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Wir wünschen uns, dass die richtigen Leute miteinander sprechen"
Allacher und Karlsfelder wollen ein Verkehrskonzept, das über die Gemeindegrenzen hinausgeht
Die Bautätigkeit in Allach und Karlsfeld hält an, die Nachverdichtung nimmt kein Ende. Beim Verkehr - z.B. in der Eversbuschstraße - ist man oft am Limit. Wenn demnächst der Allacher Tunnel der A 99 saniert wird, fürchten die Menschen in Allach und Karlsfeld mit ständigen Staus und Schleichverkehr. Die Bürgerinitiative GKAK (Gemeinsames Konzept für Allach und Karlsfeld e.V.) warnt vor einem drohenden Verkehrskollaps angesichts der kommenden Mehrbelastung für eine ohnehin nicht ausreichende Infrastruktur. Mit einem Runden Tisch hat sie die Politik zu gemeinsamen Gesprächen zusammengebracht.
Nun fand erneut eine Runde mit Mandatsträger aus beiden Kommunen und Vertretern der Autobahndirektion statt. Konkrete Maßnahmen wurden bei der Runde nicht beschlossen. Das war auch nicht das Ziel, sondern das gemeinsame Besprechen und Analysieren der Probleme. „Wir Bürger wünschen uns, dass die richtigen Leute miteinander sprechen“, erklärte Volker Knittel (GKAK).
"Alleine kann man es nicht lösen"
„Der Austausch ist wichtig“, betonte Stefan Handl, zweiter Bürgermeister in Karlsfeld, und nannte als Beispiel den vor der Realisierung stehenden „Traum“ eines Gymnasiums in Karlsfeld. Für die verkehrlichen Lösungen dazu müsse man auch auf das Gebiet der Münchner Nachbarn zugreifen. „Eine Kommune allein kann das Problem nicht lösen!“
Mehr Mut für Neues zeigen
Das gilt für viele Herausforderungen, denen sich Allach und Karlsfeld gegenübersehen. Stadträtin Heike Kainz wies zum Beispiel darauf hin, dass „die Kapazität der Eversbuschstraße schon jetzt völlig ausgeschöpft“ sei. Man brauche ein ortsübergreifendes Verkehrskonzept. Die anstehenden Sanierung des Allacher Tunnels werde in Allach und Karlsfeld zu „extremen Notfällen“ führen, warnte sie. „Hier muss etwas passieren“. Lösungen dürften aber nicht nur im ÖPNV-Bereich gesucht werden, sondern werden für den Individualverkehr benötigt.
Pascal Fuckerieder, Vorsitzender des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing, forderte mehr Kapazitäten für die S-Bahn, die zudem zuverlässiger werden müsse. Sie sei die Hauptschlagader fürs Viertel. Er kritisierte, dass sich in wesentlichen Fragen oft wenig bewege: Man diskutiere zum Beispiel seit Jahrzehnten bei der Eversbuschstraße, die nicht mehr Verkehr aufnehmen könne, über Alternativen, ohne dass etwas vorangehe.
Falk Lamkewitz (Bezirksausschuss Allach-Untermenzing) regte an, neue Gedankenansätze auszuprobieren, da die bestehenden Konzepte nicht mehr zeitgemäß seien. Anderswo gebe es schon Dinge wie selbstfahrende Fahrzeuge. Die Stadt solle mehr Mut für solcherart Neues zeigen.
"Wir brauchen solche Kooperationen"
Auch MdL Josef Schmid sprach sich dafür aus, mit neuen Zukunftskonzepten zu experimentieren und Ideen auch umzusetzen. „Seit 30 Jahren diskutieren wir über eine Stadt-Umland-Bahn“, erinnerte er, „und trotzdem gelang es nie, dafür eine Trasse zu definieren.“ Dabei gäbe es wirtschaftlich nutzbare Trassen: „Die Verkehrsströme schreien nach der Stadt-Umland-Bahn“, so Schmid. Er lobte das Miteinander der Teilnehmer am Runden Tisch der GKAK: Die Autobahndirektion etwa habe den Allachern und der Nachbargemeinde zugehört. Das sei nicht bei allen Behörden so. Man brauche genau solche Kooperationen, die über Gemeindegrenzen hinausdenken, im ganzen Land. „Der Bürger hat im Alltag keine Stadtgrenze“, fasste Schmid zusammen und wies darauf hin, dass 400.000 Beschäftigte täglich nach München hineinpendeln und nochmal 200.000 aus München heraus.
"Schleichwege schließen"
Stadtrat Christian Müller plädierte für eine Verständigung über die wesentlichen Verkehrsflüsse: „Schleichwege müssen über kurz oder lang geschlossen werden und zudem möglichst viele Umstiegsmöglichkeiten auf den ÖPNV geschaffen werden.“
Auf diese Umstiegsmöglichkeiten pochten auch die Vertreter der Gemeinde Karslfeld. Zur S2 bräuchte es eine Schienenalternative, so dass bei Störungen der S-Bahn nicht mehr die gesamte Region abgehängt werde. Dazu versicherten die Experten der Stadt München grundsätzliche Perspektiven, wie beispielsweise die Erweiterung des schon beschlossenen Teilstücks des S-Bahn-Nordrings. Dort soll 2026 der erste Zug vom Bahnhof Karlsfeld in Richtung Frankfurter Ring rollen.
Im November soll es weitergehen
Der GKAK, der er am Tag des Runden Tisches beitrat, sei mit den Gesprächsrunden ein guter Start in die richtige Richtung gelungen, fasste Josef Schmid zusammen. Und beim Start soll es nicht bleiben: „Wir wollen alle den Runden Tisch fortführen“, sagte Volker Knittel (GKAK), „denn wir wollen Fortschritte erzielen.“ Die Bürgerinitiative möchte – voraussichtlich im November – kompetente Leute und Entscheider zusammenbringen. „Wir sind ja kein Diskussionsforum“, so Knittel, „sondern wir wollen, das etwas vorangeht!“
Spielräume nutzen
Die Autobahndirektion erklärte sich bereit, in der laufenden Planung der A-99 Sanierung „Spielräume“ zu suchen, die sowohl die Situation der Anwohner während der Sanierungsphase verbessern, als auch Vorhaben zur langfristigen Verbesserung der Verkehrssituation begünstigen könnten. Anknüpfungspunkt sind beispielsweise die baulichen Aktivitäten, die während der A-99 Sanierung auch an der Oberfläche nötig sein werden. Dort könnte schon jetzt nach Möglichkeiten gesucht werden, zugleich Vorraussetzungen etwa für Rad- oder Radschnellwege oder sonstige Entlastungsmöglichkeiten für den angespannten motorisierten Individualverkehr zu schaffen. Auch die Höhenkontrolle vor dem Tunnel werde im Zuge der Sanierungsmaßnahmen bereits im Vorfeld in der Hinsicht umgestaltet, dass eine Vollsperrung bei Auslösung in Zukunft entfällt.
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