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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
„Wir müssen eine Lösung finden“
Bezirksausschuss 21 lässt Ensemble-Denkmalschutz prüfen
Schon zum wiederholten Male meldeten sich Mieter der Benedikterstraße in der Bürgersprechstunde des Bezirksausschusses (BA) 21 zu Wort. Für insgesamt sieben Mietsparteien in zwei Häusern auf dem Eckgrundstück Benedikter-/Georg-Jais-Straße steht viel auf dem Spiel. Im März bekamen sie ein Schreiben ihres Vermieters, der Heimstättenbaugenossenschaft Pasing e.G. mit der Info, dass sie ihre Häuser bis zum 16. Mai 2022 verlassen sollen. Denn beide Häuser sollen abgerissen werden, um an gleicher Stelle einen Wohnblock mit 70 Wohnungen samt Parkhaus zu errichten.
„Wir waren perplex, das war ohne Vorankündigung“, so Hannelore Hölscher, die mit Ausnahme eines Jahres seit Geburt an auf dem Grundstück wohnt. Auch ihre 89-jährige Mutter sowie Tochter und Enkel sind dort zu Hause. „Wir wohnen praktisch seit immer hier. Es tut uns in der Seele weh, dass hier Bagger rollen sollen. Das ist ein Stück Pasinger Geschichte. Das darf nicht zerstört werden“, erklärte sie im BA.
„Beispielhaft für den Gartenstadtcharakter“
Schon im Vorfeld diskutierten die Fraktionen hitzig über das Bauvorhaben der Genossenschaft. Und auch im Gremium wurde die Diskussion fortgeführt. Ein die Häuser betreffender ÖDP-Antrag empfahl die Prüfung des Ensembledenkmalschutzes. „Ich unterstütze den Prüfantrag“, erklärte SPD-Fraktionssprecherin Constanze Söllner-Schaar. Solange allerdings kein Bauantrag der Genossenschaft vorliege, könne man nur ins Blaue hinein diskutieren. „Konkrete Diskussionen sind noch nicht möglich.“
Natürlich brauche man bezahlbaren Wohnraum, deswegen könne sie sich eine gewisse Nachverdichtung bei den Garagen vorstellen. Auch Romanus Schloz (Grüne) empfahl die Denkmalschutzprüfung. „Das ist sinnvoll. Hier geht es um den Erhalt der Gartenstadt Pasing.“ Hans-Joachim Kilian (ÖDP) als Antragsteller argumentierte in die gleiche Richtung. „Das Gelände ist beispielhaft für den Gartenstadtcharakter. Es wäre ein großer Verlust für uns alle, wenn diese idyllische Ecke verschwände.“
Pasinger Identität erhalten
Zum gesamten Ensemble gehörten insgesamt sechs Häuser in einzigartiger Lage. „Der Erhalt gehört ebenso zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz wie alle unseren anderen Maßnahmen“, meinte Maria Osterhuber-Völkl (CSU) in Hinblick auf die massive Verdichtung, die geplant sei. „Hier verschwindet Pasinger Identität, wenn wir dem Abriss zustimmen.“ Zwar sei schon einmal der Antrag auf Ensembleschutz gestellt worden. „Jetzt tun wir es mit Nachdruck und guten Argumenten, um eben diese Identität, dieses Pasinger Lebensgefühl wahren zu können.“ Natürlich brauche man Wohnungen. „Aber wir haben schon eine Menge seelenloser Häuser in Pasing. Hier sollten wir uns um den Erhalt bemühen.“
Stadtrat Christian Müller plädierte dagegen für den Wohnungsbau. „Gerade die Genossenschaft ist darauf angewiesen, dass die den Genossen und deren Kinder Wohnraum zur Verfügung stellen kann. Ringsumher stehen bereits gelungene Mehrfamilienhäuser in äußerst positiver Nachbarschaft. Es ist ein gutes Bauvorhaben, das unsere Unterstützung verdient.“ Christa Stock (FDP) wollte ebenfalls eher das Bauvorhaben untersuchen, als den Denkmalschutz auf den Plan rufen. „Warten wir doch erst einmal ab, wie die Pläne aussehen. Ich habe Probleme damit, per se den Abriss abzulehnen.“
Votum für Ensembleschutz
Mit acht Gegenstimmen wurde der Prüfantrag auf Ensemble-Denkmalschutz angenommen. Damit haben Mieter und Politiker erst einmal Zeit gewonnen. „Es ist ein Dilemma“, so Stadtrat Winfried Kaum (CSU) nach der BA-Sitzung. „Ich kenne die Mieter persönlich. Dennoch bin ich aus politischen Gründen für den Neubau der 70 Wohnungen. Wir müssen die Stadtentwicklung, das große Ganze betrachten. Und schließlich weiß ich, dass die Genossenschaft über 100 Leute auf der Warteliste für neue Wohnungen hat.“
Der Baubeginn in 2022 und die rund dreijährige Bauzeit verzögerten sich nun, bedauerte Kaum. „Verlieren wir ein Stück Pasing? Nein! Wir gewinnen ein Zukunftsprojekt.“ In der nächsten Zeit sollten Gespräche zwischen Genossenschaft und Mietern stattfinden, um sozialverträgliche Lösungen zu finden. „Denn Entscheidungen müssen getroffen werden. Wir müssen eine Lösung finden.“
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