„Der Ort trägt eine Verantwortung“
Scharfe Kritik der Grünen an Bezuschussung des Bezirksausschusses für ein Buchprojekt
Die Initiative „Buchpublikation Never Forget – Never Again” erhält aus dem Stadtbezirksbudget des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing (BA 23) einen Zuschuss in Höhe von 300 Euro. Dies hat das Gremium mehrheitlich in seiner jüngsten Sitzung so beschlossen. Dem Ganzen war auch schon in der September-Sitzung des Lokalparlaments eine längere Diskussion vorausgegangen. Kritik an der Zuschussentscheidung des Gremiums gibt es von den Grünen. Der BA 23 lehne die „volle Unterstützung eines Buchs zur Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit ab, unterstütze jedoch mit erheblich größerer Summe ein Werbevideo des Trachtenvereins Alpenrösl“, heißt es in einer Mitteilung des Ortsverbandes.
Der Autor des Buches, Walter Kuhn, hatte ursprünglich 500 Euro beantragt. Gedruckt werden sollen zunächst 2000 Exemplare. Die CSU habe den Stadtteilbezug in Frage gestellt und eine Erklärung des Künstlers verlangt, kritisieren die Grünen. „Wir wissen alle, dass in Allach ein KZ-Außenlager von Dachau war. Natürlich trägt der Ort eine Verantwortung in der Geschichte der Nazizeit. Dieser sollten sich auch die Kollegen der CSU stellen“, fordert Falk Lamkewitz, Fraktionssprecher der Grünen im BA 23.
BA-Chefin Heike Kainz wehrt sich
Die Kritik will Heike Kainz, die Vorsitzende des Lokalparlaments, nicht auf sich sitzen lassen. „Ich bin sprachlos. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.“ Man müsse die beiden Zuschussanträge getrennt sehen. Beim Trachtenverein gehe es nicht nur um dessen Jubiläum, „vielmehr bietet der Verein über eine Woche lang verschiedenste Veranstaltungen und zwar für die Allgemeinheit. Das ist eine tolle Sache für unseren Stadtbezirk. Wenn wir Zuschüsse geben, dann immer dann, wenn es dem Viertel dient. Ich verstehe nicht, was es daran zu kritisieren gibt.“ Es liege auf der Hand, dass der Verein im Nachhinein über die Verwendung der Mittel berichten müsse.
Bei der Bezuschussung des Buches gehe es um einen Dokumentationsband über ein Kunst- und Friedensprojekt im November vergangenen Jahres auf dem Königsplatz. Der Aktionskünstler Walter Kuhn hatte den Königsplatz damals in ein blühendes Mohnblumenfeld verwandelt – als ein Zeichen gegen Krieg. „Dieses Projekt hat keinen Stadtteilbezug“, sagt Heike Kainz. „Dass die Erinnerungskultur an sich immer einen wichtigen Platz haben muss, darüber diskutiere ich gar nicht, denn das ist klar.“ Der Buchautor habe in allen Münchner BAs einen Zuschuss in Höhe von 500 Euro beantragt. „Einige haben zugestimmt, andere ohne Begründung abgelehnt“, so die BA-Chefin weiter. „Und obwohl der örtliche Bezug fehlt, haben wir uns auf 300 Euro Zuschuss geeinigt. Eben auch darum, damit der von Falk Lamkewitz behauptete Eindruck nicht entsteht.“
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